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Leka – auf einem anderen Kontinent?

Als wir uns dafür entschieden haben, die Helgelandskysten entlangzufahren, haben wir uns auch diverse mögliche Abstecher angeschaut, die wir auf dem Weg machen können – einfach „nur“ fahren ist für uns logischerweise keine Option. Und der erste Abstecher, der einem von den diversen Seiten vorgeschlagen wurde, war Leka. Seit 2010 ist die Insel das geologische Nationaldenkmal von Norwegen – jetzt haben wir natürlich nicht so viel Ahnung von Geologie (auch wenn Neele früher enthusiastisch Steine gesammelt hat und eventuell mal für ein Geologie-Studium in Freiburg immatrikuliert war…), aber das was Leka ausmacht hat auch unser Interesse geweckt: Vor 420 Millionen Jahren sind Nord-Europa und Amerika kollidiert, als vor 60 Millionen Jahren diese Verbindung wieder aufgebrochen ist, sind Teile von Nord-Amerika in Norwegen zurück geblieben und ein Teil davon wiederum ist Leka. Deswegen lassen sich auf Leka Stein-Formationen und Farben finden, die man sonst so nur aus Amerika kennt. Also eigentlich schon cool genug, dass wir quasi mal eben mit einer halben Stunde Fähre (zumindest geologisch) auf einen anderen Kontinent hüpfen können, oder? Hinzu kommt aber auch noch, dass Leka bei der Trennung der beiden Kontinent umgekippt wurde – somit kann man auf Leka quasi vom Inneren der Erde bis zur ozeanischen Kruste laufen, 7 km trennen die innerste und äußerste Schicht. Wie gesagt, wir haben keine Ahnung von Geologie, aber Leka wollten wir jetzt definitiv sehen und einiger der 50 markierten Wanderwege laufen.

Die Insel befindet sich genau genommen noch vor dem offiziellen Start der Nationalroute FV 17 aka Helgelandskysten, aber da wir eh noch weiter südlich waren, war das für uns kein Problem. Circa eine halbe Stunde Fähr-Fahrt trennt Leka vom Festland (Fähranleger Gutvik) – und die Fähre ist momentan sogar kostenlos (das haben wir aber auch erst gemerkt, als wir schon auf der Fähre waren). Der Weg bis zur Fähre war allerdings etwas spannend, viele Teile der Straße waren kaputt, sodass wir diversen Schlaglöchern und Rissen ausweichen mussten, zwischendrin war die Straße auch nicht mehr geteert, sondern bestand nur noch aus Sand-Schotter-Gemisch. Dennoch lagen wir gut in der Zeit die nächste Fähre locker zu erwischen – dachten wir. Auf einmal wurden wir von einem Straßenarbeiter gestoppt, der als menschliche Ampel fungierte – wieso wir hier halten müssen, wussten wir nicht so recht. Die Herren waren zu zweit, einer im Auto einer auf der Straße, und die Schlange hinter uns wurde immer länger. Auf Fragen eines Herrn, der hinter uns aus seinem Wohnmobil ausgestiegen ist, hat der Straßenarbeiter eher widerwillig geantwortet, also haben wir ahnungslos weiter gewartet. Erst verstrichen fünf Minuten, dann zehn, dann haben sich zwei LKWs an uns vorbei gequetscht, die die Straße passieren durften, wir warteten weiter… im Endeffekt standen wir circa eine halbe Stunde, bis uns der Herr im Auto dann über die Schotterstraße eskortiert hat. Nach ca. 1 km ist der rechts rangefahren, während wir auf dem noch heißen, frischen Asphalt unser Rennen nach Gutvik starteten, um die Fähre zu erwischen – jetzt mit Flüsterasphalt unter den Rädern wesentlich einfacher als davor, aber der Fähre konnten wir im Endeffekt nur noch winken. Nach einer Stunde kam dann die nächste Fähre. Diesmal war es eine geschlossene Fähre, heißt wir mussten aussteigen – auf die Frage, ob Casper mit dürfe oder warten müsse, kam die Antwort „If he can wait alone he can wait, otherwise take him with you“ – da wir uns nicht sicher waren, wie toll Casper es fände allein dort unten zu warten, haben wir ihn mit an Deck genommen in der Hoffnung, dass er nicht seekrank wird. Aber hat alles top geklappt, wir wurden ordentlich vom Wind durchgepustet (in den geschlossenen Raum dürfen die Hunde eigentlich nie mit) und nach knappen 25 Minuten haben wir auf Leka die Fähre verlassen. Es gibt zwar einige kleine Wanderparkplätze auf Leka, wo man wohl übernachten könnte, aber irgendwie hat sich das auf einer Insel nicht so richtig angefühlt – zudem wirbt Lekas Campingplatz mit Panorama-Stellplätzen und die Preise für den Camping waren mit 26 € noch im günstigeren Bereich (zwischen 35-45 € waren die Standard-Preise der letzten Kilometer). Also haben wir unser Glück versucht und tatsächlich den letzten Panorama-Stellplatz bekommen – und das war es Wert. An dem Ausblick hätte ich mich glaube lange nicht satt sehen können.  

Dinner with a view von unserem Panorama-Stellplatz aus

Direkt nachdem wir angekommen sind, haben wir unsere Wanderschuhe für einen kürzeren Hike geschnürt – für uns ging es auf den Lekamøyhammaren. Angefangen hat der Weg recht unspektakulär auf einem breiten Waldweg, der dann in ein riesiges Steinmeer mündete. Von dort ging es dann über teils Geröll, teils Trampelpfad recht schnell einige Höhenmeter nach oben. Und auf so einer Insel zu wandern, gibt einem irgendwie nochmal ein ganz anderes Gefühl, wenn man ringsum von Meer umgeben ist und noch die kleinen Teilinseln weiter hinten im Wasser liegen sieht. Für Casper gab es dann auch noch ein ganz besonderes Highlight (eher zur geringeren Freude der Leinenführerin) – zwei Rehe, die panisch 5 Minuten im Kreis gerannt sind, als sie Casper erblickt haben, bevor sie einen Ausweg gefunden haben. Daher war Casper auch eher eine Art nerviger Turbo-Antrieb bis zum Gipfel, was einem das etwas anspruchsvollere navigieren über die großen Steine erschwert hat. Zum Glück heile oben angekommen, wurden wir dann aber mit einer wirklich schönen Aussicht belohnt. Auf dem Rückweg sind wir auf der anderen Seite um den See gelaufen und sonst den gleichen Weg zurück, aber von gelben / orangenen Steinen war bisher weit und breit nichts zu sehen.

Am nächsten Tag haben wir uns für den Morgen eine etwas ruhigere Wanderung ausgesucht, die uns über ca. 9 km an den nördlichsten Punkt Lekas geführt hat. Das ganze Gebiet ist eine Freilaufwiese für Schafe und vermutlich auch Kühe. Betreten darf das Gebiet daher nur mit angeleintem Hund, für uns ja eh der Standard. Am Start der Route gibt es viele Infotafeln über Geologie, Natur und die dort vorhandenen Steingräber. Nach dem sehr gut präparierten Weg ging es weiter über einen Trampelpfad, der anfangs hauptsächlich über Felsen führte und sich, je näher wir der Spitze kamen, langsam von einem Sumpfgebiet in eine wunderschöne grüne Weidelandschaft gewandelt hat. Und nach halbem Weg haben wir aus der Ferne auch tatsächlich die ersten gelben / orangenen Felsen erblickt, die die ganze Westseite der Hauptinsel zu zieren scheinen. An der Spitze haben wir dann auch die Schafe angetroffen – wunderschöne Wildschafe, die im Liegen locker als Stein durchgehen würden, wegen ihrer schönen grau-schwarzen Musterung, was auch uns zugute kam, da Casper sie so zum Glück auch nicht gesehen hat (gerochen hat er sie sicher schon 5 km vorher). Und wieso die Schafe sich genau dort vorne aufhalten, können wir nur allzu gut verstehen, auch wir hätten dort noch etwas verweilen können, allerdings stand für Marvin am Mittag Arbeit auf dem Plan. Da es, seit wir in Norwegen sind, eigentlich täglich fast einmal regnet, waren wir zum Glück mit wasserfesten Schuhen und Regenhose bestens für den kleinen, matschigen Teil ausgerüstet, den wir jetzt ein zweites Mal passieren mussten. Aber wir hatten tatsächlich mehr Sumpfgebiet und Matsch erwartet. Der Weg war aber trotz des Wetters recht gut passierbar, wenn man etwas darauf geachtet hat, wo man hintritt, und wir sind mit trockenen Füßen wieder am Auto angekommen.

Freitag stand dann die „Hauptwanderung“ auf dem Plan – Neele hatte sich natürlich die längste Route auf der ganzen Insel ausgesucht: Herlaugsløypa, 5-6 Stunden hieß es, knapp 12 km. Also ordentlich Proviant und wetterfeste Kleidung eingepackt ging es nach einem guten Frühstück los. Parken mussten wir auf einem wirklich kleinen Parkplatz, eher eine Einbuchtung neben einer Schotterstraße, neben uns hatte vielleicht noch ein, maximal zwei Autos Platz. Da wir aber die zwei Tage zuvor auch nur zwei andere Wanderer gesehen haben, sind wir davon ausgegangen, dass das Platz genug sein sollte, vor allem, weil hier wirklich nur die lange, als „advanced“ gekennzeichnete, Route los ging. Die ersten Meter gingen durch einen kleinen Fluss durch, der sich den Weg von oben nach unten gebahnt hat und dann ging es auch wirklich gleich schon steil bergauf. So sind wir am Hang über einen Trampelfpad hochgekraxelt, aber auch die Höhenmeter lassen sich mit dem entsprechenden Ausblick sehr gut ertragen. Auf dem Weg nach oben haben wir dann noch einen Geocache gesucht und sind definitiv außer Übung, locker 15 Minuten haben wir damit verbracht, ehe der Weg für uns weiter ging. Und je weiter nach oben wir kamen, desto wichtiger wurde die wetterfeste Kleidung. Auf dem Fjell angekommen, hat der Wind nämlich keine Gnade gezeigt und uns ordentlich entgegen gepustet. Auch dieser Weg ist, genauso wie die ersten zwei Routen, die wir gemacht haben, erstaunlicherweise extrem gut markiert, was man wirklich nicht von allen Wanderrouten in Norwegen sagen kann. So steht auch an unserer ersten Wegkreuzung ein Wegweiser – eigentlich geht’s für uns geradeaus, aber der Vattind, mit 418 m der höchste Punkt von Leka, ist schon in Sichtweite, daher lassen wir es uns nicht nehmen auch die paar Höhenmeter noch mitzunehmen. Somit waren wir jetzt auch „on top of Leka“. Der einzige Windschutz dort oben ist allerdings hinter dem aufgetürmten Steinhaufen und Casper scheint ein Selbstnordkommando dort oben zu fahren, weil er an den unmöglichsten Stellen rumklettert, somit bleibt es nur ein kleiner Abstecher und der Geocache, der dort oben liegt, für uns leider unentdeckt. Also ging es wieder zurück zur Hauptrunde. Immer wieder geht es ein paar Höhenmeter hoch und wieder runter, mal über Felsen, mal Trampelpfade oder Geröllfelder. Wieder vorbei an einigen Bergseen, eine falsche Abzweigung haben wir genommen und sind blindlings dem Trampelpfad statt Wegweisern gefolgt, was wir aber zum Glück recht bald gemerkt haben, denn sonst hätten wir vielleicht tatsächlich das verpasst, was Leka ausmacht. Hinter dem nächsten Hügel eröffnet sich nämlich innerhalb weniger Meter die orangene Felsenlandschaft der Westseite der Insel – ein wirklich verrückter Anblick. Die nächste Hälfte der Route führt uns somit über die gelben Felsen, die hier und da mit orangenen oder schwarzen Streifen durchzogen sind. Vorbei an weiteren Seen und einem keinen Fluss, dem wir einige km folgen. Langsam bekommen wir auch Hunger – suchen aber noch weitere 2 km nach einem Plätzchen, das einigermaßen windgeschützt ist und stärken uns mit Lompe, Brunost und Zimtschnecken, bevor es langsam zurück geht. Wir müssen noch durch eine Felsspalte durch, heißt nochmal wieder etwas weiter nach oben, aber langsam merkt man, dass der Abstieg naht. Bis wir vor dem Abstieg stehen, und dass wir nicht per Leiter nach unten müssen ist auch alles – quasi senkrecht kraxeln halb klettern wir runter, bis wir im Sumpfland ankommen. Die letzten Meter der Tour sind sicher nicht die schönsten, versinken wir regelmäßig im Morast oder müssen uns andere Wege durchs Gebüsch suchen, ehe es den letzten Kilometer auf einer breiten Schotterstraße zurück zum Auto geht. Froh, dass die Route in genau die Richtung ausgelegt wurde, wie wir sie gelaufen sind. Denn so ist man wirklich von einem Highlight ins nächste gelaufen und hat das beste und schönste aus der Wanderung rausgeholt. Wir haben knapp 5 Stunden für den Weg gebraucht mit einer ausgiebigen Pause, aber trittsicher und eine gewisse Ausdauer sollte man schon mit sich bringen, wenn das der Fall ist, geht unbedingt die Herlaugsløypa lang, wenn ihr mal die Chance dazu habt. Übrigens stand Herbert immer noch alleine unten und während der Wanderung haben wir nur zwei andere Menschen getroffen, vielleicht ist Leka wirklich noch so ein Geheimtipp, wie einige in ihren Travelblogs geschrieben haben?

Am nächsten Tag war dann auch nicht mehr viel geplant, für uns hieß es von Leka abreisen. Wir sind gemütlich aufgestanden, haben uns fertig gemacht, den Fährplan gecheckt und uns entschlossen noch die Geologiløypa zu laufen. Eine eher kleine Runde, die uns wieder an die Küste vor geführt hat. Zuerst über ein Stückchen Weide, das aber scheinbar eher als riesige Toilette für alle Tiere des Inselstücks herhält, dann über riesiges Lavagestein vorbei an einigen interessanten Infotafeln über die Geologie der Insel. Natürlich waren wir diesmal mit normalen Klamotten unterwegs, war ja nur eine kleine Runde, und prompt uns der Regenschauer überrascht und unsere Hosen durchnässt. Somit leider kein so toller Abschied, der aber unsere Erlebnisse hier nicht trüben konnte, Leka war wirklich einen Abstecher wert! Hier seht ihr unsere Highlights nochmal in einem kleinen Video zusammengefasst:

Wir ergattern uns einen Platz auf der Fähre, diesmal bleibt Casper alleine unten im Auto, findet er anfangs eher etwas suspekt, aber als wir zurück kommen hat er es sich bequem gemacht und schläft. Als wir von der Fähre runterfahren trifft uns fast der Schlag, die Schlange für die Fähre nach Leka endet erst in der nächsten Kurve, während wir vielleicht mit 10 anderen Autos am Mittwoch auf Leka gefahren sind. Scheinbar ist die Insel doch nicht mehr so ein Geheimtipp – vor allem nicht am Wochenende, aber wem kann man es verdenken? Für Wanderer, Fahrradfahrer, Paddler und vor allem für Angler (die meisten unserer Mit-Gäste auf dem Camping sind früh am Morgen zum Angeln aufgebrochen) hat Leka einiges zu bieten. Dennoch sind wir froh scheinbar einen guten Zeitpunkt für unseren Besuch abgepasst zu haben und tatsächlich waren auch die Straßenbauer fleißig und haben die ganze Straße geteert, auf der wir auf dem Hinweg noch eskortiert wurden. Für uns geht’s jetzt auf nach Holm – zum offiziellen Start der Nationalroute, und die startet natürlich, wie sollte es auch anders sein, mit einer Fähre. 🛳

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