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Ein Monat inmitten 900 Hunden

An einem sonnigen Mittwoch war es für uns so weit, wir fuhren aus dem Gebirge durch Kalamata in die kleine Stadt Messini. Der Ort selbst war sehr belebt, für uns ein seltener Anblick, da die kleineren Ortschaften im Winter meist verlassen waren. Unser Ziel führte uns ein bisschen außerhalb der Ortschaft, hinein in die Olivenhaine. Bereits von der Ferne konnte man erahnen, dass sich hier sehr viele Hunde befinden müssen, so war das „Bellkonzert“ doch recht laut. Nach 500 Meter kamen wir schlussendlich bei der Tierauffangstation an, wo wir gegen Nachmittag mit Maria verabredet waren. Sie empfing uns herzlichst und zeigte uns gleich einen Teil der gesamten Station. Wir gingen gemeinsam in die Küche, schauten uns das Bad an und lernten natürlich erstmal ein Teil der, draußen frei rumlaufenden, Hunde kennen. Die meisten leben jedoch innerhalb mehrerer Sektionen, getrennt durch Zäune und Mauern. Maria erklärte uns, dass wir sie ab morgen innerhalb des „Olive Grounds“ unterstützen werden. Ein Abteil in dem ca. 200 Hunde leben, welche täglich rundum versorgt werden. Mit den ersten Eindrücken ging es dann für uns zurück zum Camper, wo wir den Abend mit Vorbereitungen für die nächsten Wochen verbrachten.

Die Auffangstation im Überblick

Die Station streckt sich über eine große Fläche. Diese ist unterteilt in mehrere Sektionen. In den meisten dieser befinden sich viele Hunde, welche getrennt in mehreren Gruppen zusammenleben. In den nächsten Abschnitten versuche ich euch einen groben Überblick über die gesamte Fläche zu geben. Jeder Abschnitt zeigt ein Bild der Fläche sowie eine kurze Beschreibung.

Ausschnitt eines Satelietenbildes des gesamten Bereichs der Auffangsstation

Der Parkplatz ist noch nicht lange Teil der Auffangstation und wird vorerst hauptsächlich als Parkplatz für die Helfenden, Volunteers und Besucher verwendet. In dem Bereich laufen ein paar der Hunde frei rum. Neele und ich haben die vier Wochen uns direkt dort niedergelassen und zwischen den ganzen Olivenbäumen unseren Feierabend genossen.

Der Olivenhain ist mit einer der größten Sektionen. Hier leben ca. 200 Hunde in mehreren Gruppen zusammen. Von Junghunden bis alte Damen und Herren befinden sich Hunde unterschiedlichsten Alters inmitten der Grünfläche. Da manche nicht gut mit anderen Hunden auskommen bzw. sie einen sehr ausgeprägten Futterneid besitzen, sind diese an Laufleinen angebunden.

Katerina, die Leiterin der Hundeauffangstation lebt selbst auch direkt dort. Ihr Bereich ist nochmals extra vom Olive Ground abgetrennt und beherbergt um die 50 Hunde.

Der Bereich für Volunteers welche eine Unterbringung benötigen ist zentral zwischen dem Olive Ground und der Green Campervan Area gelegen. Hier gibt es zwei Wohnwägen und ein Bauwagen. Während unserer Zeit lebten im „Castel“ (dem Bauwagen) Eva, Lotte und Joris. In den Wohnwägen schliefen jeweils in einem Maria und einem Nabyl.

Garage: Wenn man die Einfahrt zur Station hinunterfährt, so verbirgt sich hinter einem großen Tor die Garage. Diese enthält alles an Materialien und Maschinen, um nötige Reparaturen durchzuführen. Gegenüber befindet sich ein Seecontainer welcher als Futterlager dient. Die Fläche beherbergt schätzungsweise 40 Hunde.
Green Campervan Area: Von der Garage geht es dann weiter hinter in Richtung des grünen Karavan. Zuvor läuft man an der Küche vorbei. Hier wird täglich an die 150 Kilogramm Reis gekocht. Dieser wird vorzu in Fässer umgefüllt und angereichert mit Trockenfutter am nächsten Morgen verfüttert. Die Area ist leicht abschüssig und von einem Wasserkanal durchzogen. In mehreren Gruppen sitzen und liegen die Hunde auf ihren Hütten oder in ihren Unterständen. Der Gesamte Bereich dient ca. 200 Hunden als Lebensraum.
Back: Im hintersten Teil der Station befindet sich im Bereich eine Steinhütte und mehrere Wassertanks. Davor leben ca. 50 Hunde gemeinsam im grünen. Die Hunde werden angeführt von einer älteren Hündin namens Daisy.

Die große Fläche ist nur zu Teilen eingezäunt, weshalb hier normalerweise nicht viele Hunde frei herumlaufen. Sie soll vorrangig als Campingmöglichkeit für Helfer dienen. Der Bereich ist sehr weitläufig und beherbergt neben Olivenbäumen auch weitere Pflanzen. Auf der gepachteten Fläche befindet sich im unteren Bereich ein altes Holzplattenlager und eine Bauruine. Während unserer 4 Wochen standen, dort Rena und Hubert mit ihrem Camper, weshalb auch mehrere Hunde draußen bei ihnen herumtobten.

Am Campground angeschlossen befindet sich etwas versteckt auf einer grünen Wiese ein kleiner Stall. Diesen hat Hubert für den geretteten Esel „Applegreen“ gebaut. Der Esel haust nun dort auf einer grünen Weide als Nachbar der 900 Hunde.

Der untere Bereich der Auffangstation wird als Downtown bezeichnet. Der Fläche selbst ist unterteilt, so befindet sich in der Mitte ein großer Bereich und drum herum einige kleinere Sektionen.

Kennels: Unter einem großen Unterstand mit Außenwänden sind ca. zwei dutzend Zwinger untergebracht. In diesem besonders geschützten Bereich befinden sich schwächere und besonders kranke Hunde, welche in den größeren Sektionen schwer zu pflegen wären. Die Hunde werden hier von Efraim betreut, einem jungen Griechen welcher mit einem Diplom als Tierarzt-Assistent das passende Wissen mitbringt.
Clinic: Neben den Kennels gibt es auch noch die Klinik. Das ehemalige gemauerte Haus dient nun als Krankenstation. Hier werden schwer erkrankte Hunde behandelt und wieder aufgebaut, sodass sie im Besten Fall wieder zurück in ihre Gruppen in den größeren Sektionen können.

Bath/Office: Zwischen all den Hunden und Bereichen liegt ein wenig verborgen das Badezimmer. Neben 2 Schränken voller Medizin für Hunde, einer Dusche, einer Toilette befinden sich dort auch eine Waschmaschine und ein Trockner. Das Badezimmer teilen sich die helfenden. Dank des Boilers und der Solar-Wasseraufbereitung wartet nach der getanen Arbeit immer eine warme Dusche.
Kitchen: Der Küchenbereich erstreckt sich über eine langgezogene Fläche. Neben dem Herd, den Kühlschränken, Regalen, Arbeitsplatten finden sich auch ca. 40 Hunde. Diese haben den Vorteil, dass sie in dem Bereich gut mit Menschen sozialisiert werden, da hier durchgehend jemand herumläuft. Die Küche selbst ist überdacht und wird ständig von den Volunteers und Hubert erweitert.

Woche 1: Eine Welle an Emotionen

Nachdem wir am Mittwoch langsam die Umgebung kennenlernten, ging es für uns am Donnerstag um 8 Uhr los. Wir hatten im Vorhinein besprochen, dass wir nicht nur auf unsere Bedürfnisse achten müssen, sondern, dass auch Casper in der Zeit nicht zu kurz kommt. Dadurch starteten wir in den Tag gegen 7 Uhr. Während der eine mit Casper und ein paar der freilaufenden Hunde Gassi ging, bereitete der andere das Frühstück vor. Gestärkt und mit etwas gegenseitigem Zuspruch fühlten wir uns bereit, uns selbst den 200 Hunden im Olive Ground vorzustellen. Wir trafen Maria in der Küche und gingen dann gemeinsam zum Eingangstor der Sektion. Maria bereitete uns auf die kommenden Minuten vor. Am Tor warteten nämlich bereits ca. 40 Hunde darauf uns zu begrüßen. Nachdem wir uns durch das Tor schoben, ließen wir uns erstmal von oben bis unten beschnuppern. Während die einen nur die Nase einsetzten, begannen die anderen an uns hochzuspringen und alle Aufmerksamkeit zu bekommen. Bis die meisten der Hunde „Guten Morgen“ sagten vergingen ca. 15 Minuten. Wir freuten uns danach die alten Kleider angezogen zu haben da wir von oben bis unten bereits dreckig waren. Gemeinsam mit Maria liefen wir dann das gesamte Areal ab und sie erklärte uns einiges zu den einzelnen Hunden und Bereichen. Nach der ersten Runde wussten wir zumindest ungefähr wo wir uns wie bewegen konnten.
Und schon ging es los. Die zu erledigenden Aufgaben waren schnell kommuniziert:

  • Den gesamten Hundekot aufsammeln und entsorgen
  • Alle Hunde mit Wasser versorgen
  • Alles fürs Füttern der Hunde vorbereiten
  • Das Gehege sauber halten

Von nun an begann also unsere Tagesroutine im Gehege damit, den gesamten Kot der über 200 Hunde aufzusammeln. Mit Rechen und Kehrschaufel arbeiteten wir uns Bereich für Bereich weiter, sodass wir im Schnitt nach ca. 2 Stunden fertig waren. In den ersten Tagen war es sicherlich etwas länger, wusste man noch nicht welchen Hunden man vertrauen konnte und wo man vielleicht lieber einen größeren Bogen machte. Wenn man etwa die Hälfte des Kots gesammelt hatte und einen die Motivation vielleicht verließ, dann wartete jedoch beispielsweise Dukas mit dem größten Lächeln im Gesicht. Morgen für Morgen saß er da und wollte nur eins: Ein paar Minuten gestreichelt und beachtet zu werden. Das merkten wir jeden Tag mehr, neben der Aufgaben wie sauber machen oder Wasser verteilen, war es auch der Kontakt mit den Hunden, welcher superwichtig war. Für viele waren es die einzigen Minuten Beachtung am Tag. An unserem ersten Tag zeigte Maria uns die einzelnen Aufgaben genauer, sodass wir für die kommende Zeit vorbereitet waren. Beim Verteilen des Wassers teilten wir uns auf, während Neele im vorderen Bereich die Wasserbehälter reinigte und wiederauffüllte, übernahm ich den hinteren Teil. Einige der Behälter konnten man bequem mit dem vorhandenen Schlauch erreichen, andere mussten jedoch mit dem Eimer befüllt werden. Zeitgleich begannen wir die einzelnen Näpfe der angeleinten Hunde zu sammeln, da diese wieder gereinigt werden mussten, sodass sie beim Füttern wiederverwendet werden konnten. Hierfür hatten wir im vorderen Teil des Olive Ground eine kleine „Waschstation“. Gegen 13 Uhr endete unser erster Einsatz innerhalb des Olive Ground.

Alle Hunde waren versorgt und nach dem Füttern kehrte mehr uns mehr Ruhe ein, da die meisten sich ein nettes Plätzchen für den Mittagsschlaf suchten. Wir verließen mit Maria die Sektion und kehrten zu unserem Camper zurück. Dort angekommen war Casper sichtlich froh uns zu sehen und sprang freudig aus dem Auto, um die anderen Hunde genauer zu betrachten. Tatsächlich verstand er sich mit den meisten sehr gut, was uns ein gutes Gefühl gab ihn bei der Arbeit nicht zu vernachlässigen. Mittags brachte Patrick noch eine Palette Hundefutter vorbei, welche von einer Großspende angeliefert wurde. Diese entlud ich gemeinsam mit ihm während Neele half Fotos von Hunden für deren Adoption zu schießen. Während dem Abendessen unterhielten wir uns lange, da eins sicher war, so viele Eindrücke und Ereignisse an einem Tag hatten wir schon lange nicht mehr erlebt! Komplett fertig gingen wir bereits um 20 Uhr schlafen.

Am zweiten Tag ging es morgens im Gehege um einiges hektischer zu. Die meisten Hunde waren nervös, blafften sich gegenseitig an oder provozierten ihre Nachbarn. Es war bereits eine komische Stimmung, bevor es zu einem größeren Kampf zwischen den Hunden kam. Für Neele und mich eine vollkommen unbekannte Situation, weshalb wir eher nur im Weg standen als aktiv helfen zu können. Maria löste die Meute jedoch sehr souverän auf und konnte anschließend den angefallenen Hund separieren. Wie sich rausstellte war dieser krank. Erkennen konnte man es anhand seines äußerlichen nicht, jedoch gab ein Blick in den Mund mehr Informationen. Katerina erklärte uns später, dass ein Hunderudel sich vor Krankheiten schützt, auch wenn das bedeutet, dass einzelne kranke Hunde dafür angegriffen werden. Ein natürlicher Weg, welcher glücklicherweise im Gehege durch Helfer wie Maria unterbrochen werden kann, sodass es nicht zu schlimmeren Verletzungen kommt. Der Rest des Tages war dafür entspannter und manche Aufgaben konnten bereits allein durchgeführt werden. Nach dem Füttern teilten wir uns auf, Neele ging in den unteren Bereich der Auffangstation, um dort Lotte in „Downtown“ zu helfen, während ich zurück zu Casper ging. Doch anders als am Vortag war er wesentlich gestresster und begann direkt mit ein, zwei anderen Hunden einen Streit. Nachdem dieser „geschlichtet“ war, kam kurz drauf noch die Schafsherde vorbei. Für Casper sicherlich eine der aufregendsten Momente am Tag, denn wie sich rausstellte, lief die Herde 2x täglich direkt an unserem Auto vorbei. Am frühen Abend half ich Hubert beim Bau mehrerer Hundehütten. Er hatte bereits sechs Stück gebaut und wollte vor Abreise insgesamt 10 fertig gestellt bekommen. Für mich war es eine tolle Abwechselung gegenüber der Arbeit mit den Hunden. Als wir abends wieder Zeit hatten das vergangene aufzuarbeiten, merkten wir, dass es uns emotional doch sehr viel abverlangte. Wir fragten uns, ob wir es tatsächlich schaffen würden, die gesamten vier Wochen durchzuhalten. Wir sprachen uns erneut Mut zu und gingen müde von der Arbeit ins Bett. In den weiteren Tagen der ersten Woche pendelte sich langsam die Routine ein. Morgens bis ca. 12:30 Uhr im Gehege mit den Hunden arbeiten, danach sich um den eigenen kümmern, am Nachmittag noch etwas bei allgemeinen Aufgaben helfen und wenn die Zeit es erlaubte einen Ausflug zum Strand in Messini machen. An ein, zwei der Abende saßen wir alle gemeinsam bei Hubert und Rena vor dem Feuer und plauderten über die Arbeit in der Auffangstation oder horchten Geschichten von Katerina. Nach genau der ersten Woche hatten wir einen „Kurzurlaub“ geplant, da ich an meinem Geburtstag einen Ausflug zu einem nahen gelegenen Wasserfall machen wollte. Für die Tour trafen wir uns mit Freunden, welche wir zuvor in Albanien kennengelernt hatten. Nachdem wir durch die schöne Schlucht spazierten fuhren wir noch weiter in Richtung Pylos, da wir dort für die Nacht ein Airbnb gemietet hatten. Nach einer Woche inmitten der Hunde merkten wir, dass diese „Auszeit“ nötig war.

Woche 2: Unvergessliche Weihnachten

In der zweiten Woche liefen die Arbeiten im Gehege immer leichter von der Hand. Mittlerweile hatten wir uns auch mit einigen der angeleinten Hunde besser bekannt gemacht, sodass eine gegenseitige Akzeptanz vorhanden war. Neben den bekannten täglichen Aufgaben kam hinzu, dass wir uns in der Erntezeit der Oliven befanden. Stavros (einer der Mitarbeitenden) war bereits in unserer Sektion fleißig am Bearbeiten der Bäume, sodass nach etwas Zeit riesige Haufen von Ästen herumlagen. Nachdem diese durch die Erntemaschine von Oliven befreit wurden, mussten sie auf einem großen Haufen verbrannt werden. Hierdurch waren wir neben Hundepflegern kurzerhand auch Erntehelfer, welche ein mit einem großen Feuer die herumliegenden Äste verbrannten. Tatsächlich störten sich die Hunde nicht an den Flammen, vielmehr freuten sie sich am nächsten Tag in der warmen Asche herumzuliegen.
In der Zeit, in welcher wir nicht in der Auffangstation halfen, spazierten wir meist entlang des nahegelegenen „Bouka Beach“. Es fühlte sich immer wie ein guter Ausgleich an, da am Strand lediglich die Wellen zu hören waren und wir mit Casper allein spazieren konnten. Nicht falsch verstehen, wir haben es genauso gemocht jeden Morgen mit versammelter Truppe durch die Olivenhaine zu ziehen.

Für die Woche stand das erste Weihnachten ohne unsere Familien an. Wir hatten uns mit allen Helfern abgesprochen, dass wir gemeinsam am 25. Feiern möchten. Maria glaubte uns lange nicht, dass wir immer am 24. Feierten, sie meinte das würde doch keinen Sinn ergeben. Also verlegten wir das gemeinsame Essen auf den Abend des ersten Weihnachtsfeiertages. Auf dem Menü stand Truthahn. Katerina hatten bei der Nachbarin einen eingekauft und im Kühlschrank eingelagert. Wir alle waren sehr gespannt, da die meisten von uns noch nie Truthahn gegessen hatten. Am 25.12 kam es jedoch anders. Gegen Mittag sendete Katerina eine WhatsApp mit dem Inhalt „WE LOST THE TURKEY!“. Da das gekühlte Exemplar bis abends nicht mehr aufzufinden war, haben Joris, Eva, Katerina und Lotte kurzum vegetarische Burger und Fritten gemacht. Somit war das Essen gerettet und alle gingen gut gestärkt ins Bett. Und der Truthahn? Es gibt nur Vermutungen, der Fall wurde nie gelöst. Manch einer sagt, die Hunde haben ihn gefunden und verzehrt, ein anderer sagt er liegt noch irgendwo in der Auffangstation. Die zweite Woche neigte sich so langsam ihrem Ende. Maria wollte gerne die Woche darauf (über Neujahr) nach Holland reisen, weshalb sie uns fragte, ob wir uns zutrauen würden, die Woche allein im Olive Ground zu arbeiten. Wir waren anfangs noch etwas zögerlich, gab es doch ein paar Momente, wo wir uns unsicher fühlten. So zum Beispiel als zwei oder drei Mal einige der Hunde, gemeinsam mit dem Anführer des Olive Ground (Bonny), bellend auf mich zugelaufen kamen und mich umkreisten. Die Situationen waren für mich dahingehend unangenehm, da ich nicht wusste, was sie von mir wollten oder warum sie mich jetzt gerade anmachten. Mir viel jedoch bereits beim zweiten Mal auf, dass es immer der Fall ist, wenn ich sehr nahe in die vordere, rechte Ecke des Olive Ground ging. Die logische Konsequenz war für mich also, diesen Bereich zu meiden. Da wir uns die restlichen Tage der Woche immer wohler in unserem Bereich fühlten, sagten wir Maria schlussendlich zu, sodass sie die nächsten 7 Tage nach Holland reisen konnte.

Woche 3: Selbstständig

Als wir in der Woche das erste Mal ohne Maria das Gehege betraten, waren wir doch sichtlich aufgeregt. Bisher war sie es immer, die zuerst hineinging und uns „den Weg bahnte“. Doch die Hunde reagierten gelassen, nach den ersten Wochen waren wir bereits bekannt und die üblichen verdächtigen kamen direkt auf uns zu um uns zu Begrüßen. Das bedeutet übrigens auch, dass immer wieder Hunde an einem hochspringen, plötzlich wieder einer seine Zähnchen rausholt und versucht mit der zu spielen oder einfach nur schwanzwedelnd vor dir darauf wartet gestreichelt zu werden. Manch einer war dabei sicherlich auch etwas grober als der andere, meist geschuldet der Masse der Hunde. Beispielsweise Scooby, ein großer Junghund welcher Energie ohne Ende hatte, brauchte immer erst 5 Minuten, bis er sich wieder eingefangen und einen selbst in Ruhe gelassen hatte. Meist fand er unter den anderen einen Spielkameraden, mit welchem er dann die nächsten Minuten herumtollte. Da in der Woche neben Maria auch Joris und Eva eine kleine Auszeit hatten, waren wir mit einem dezimierten Team am Arbeiten. Glücklicherweise kam gleich zu Beginn Laura mit der Fähre aus Deutschland und half Lotte im mittleren Teil der Station. Da sie diesen sonst jedoch zu dritt betreuten, halfen Neele und ich auch ab und an aus, sodass wir Lotte und Laura ein bisschen Arbeit abnehmen konnten. Beispielsweise wird in dem Teil hauptsächlich mit Nassfutter, in Form von 150kg frisch gekochtem Reis gefüttert. Hierfür müssen abends die Tonnen vorbereitet und verteilt werden. Gemeinsam gingen wir auch das ein oder andere Mal an den Strand und nahmen unsere Hunde gleich mit.

Lotte mit Martina und Neele mit Casper am Bouka Beach

Über die Zeit stellten wir leider auch fest, dass während dem Duschen im Auto immer wieder ein wenig Wasser außerhalb der Duschwanne vorhanden war. Neele erkannt schlussendlich, dass die Silikonnaht nach 7 Monate angefangen hatte aufzugehen. Mühevoll widmete sich Neele, an zwei oder drei Nachmittagen, der Aufgabe, all das alte Silikon abzukratzen, sodass wir eine neue Fuge ziehen konnten. Im Praktiker um die Ecke fanden wir die passende Silikonkartusche, welche sogar im selben Grau wie zuvor, vorhanden war. Ich pfuschte schließlich nach dem Motto „viel hilft viel“ eine neue Fuge hin, welche zumindest beim ersten Test noch dicht war. Das restliche Silikon fand auch seinen Nutzen, so zeigte mir Hubert ein paar Löcher im Blechdach der Küche. Diese dichtete ich danach ebenfalls ab.

Nachdem Weihnachten gerade erst vorbei war, überlegten wir wo wir die Silvesternacht verbringen wollten. Erst dachten wir, wir fahren an den Strand und schlafen dort eine Nacht, jedoch hatte uns Hubert eingeladen gemeinsam zu feiern. Nicht nur das neue Jahr, sondern auch seinen Geburtstag, am 01.01. Den Abend und die Nacht verbrachten wir bei einem superleckeren 3 Gänge Menü á la Hubert mit abschließendem Eis und selbstgemachten Rumtopf am Lagerfeuer. Das große Feuerwerk blieb zum Glück auch aus, lediglich vereinzelt war ein Knall zu hören. Die Hunde waren natürlich trotzdem alle sehr aufgeregt und ein großes Bellkonzert war für die nächsten Minuten vorprogrammiert. Und wie jeden Tag, ging es auch am Neujahr wieder um 8 Uhr ins Gehege, denn die Hunde interessierte es nicht, dass nun 2023 begann.

Die Woche hatte auch wieder emotional Höhen und Tiefen, so adoptiere Laura die kleine Elsa und nahm sie und einen weiteren Hund mit nach Deutschland. Jedoch wurden in derselben Woche auch 6 Welpen (zum Glück unversehrt) und ein Schäferhund an den Toren der Station abgegeben. Beim Schäferhund handelte es sich um einen der liebevollsten und verspieltesten Hunde, die ich von dieser Rasse bisher je gesehen hatte. Genau das wurde ihm wohl auch zum Verhängnis. Er war bereits über Katerina an eine griechische Familie vermittelt worden, diese gaben ihn jedoch zurück, da er ihnen „zu viel spielte“ und die Nachbarn störte. Für uns war das sowas von unverständlich! Wie kann man einem so lieben Hund kein Zuhause geben… Nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle war die Woche jedoch auch bereits vorbei. Wie schnell doch die Zeit vergeht, wenn man wieder einen geregelten Alltag und eine Aufgabe im Leben hat.

Woche 4: Zuneigung und Vertrauen

Bevor die letzte Woche anbrach, kam aus Deutschland weitere Unterstützung. Natascha, welche genau wie Rena im Vorstand des deutschen Tierschutzvereins tätig ist, kam für 6 Tage zum Helfen vorbei. Auch hier war es wieder super erleichternd zu sehen, dass auch sie zwei Hunde am Ende der Woche mit nach Deutschland nehmen wird. Es ist nicht so, dass es den Hunden in der Auffangstation schlecht geht. Bei manchen merkt man, dass diese auch lieber hier unter Artgenossen leben wollen und nicht in einer Familie. Doch für alle anderen ist es immer wieder ein großes Glück, wenn sie in ihr „eigenes“ Zuhause vermittelt werden können. Auch weitere gleichgesinnte Camper, Chiara und Ivan, kamen vorbei und packten eine Woche lang mit an. Sie kümmerten sich hauptsächlich mit Rena und Natascha um die Welpen, putzen ebenfalls das Gehege und fütterten sie nacheinander. Natascha machte nebenbei immer wieder Videos und Fotos. Denn gerade für eine Station, welche vollständig von Spenden finanziert wird, sind die Veröffentlichung solcher Eindrücke das Wichtigste.

Wir verbrachten die letzte Woche gemeinsam mit Maria in unserem Teil des Geheges und schlossen immer mehr Freundschaften mit den Hunden. Wo wir anfangs noch skeptisch mit den angeleinten Hunden waren, wurden am Ende die Bäuche gestreichelt oder auch gemeinsam für Fotos posiert. Jeder der Hunde war gegen Ende immer glücklicher uns zu sehen und ein paar Streicheleinheiten abzubekommen. Nicht desto trotz wurden wir auch unvorsichtiger im Umgang mit ihnen. Beispielsweise hatten wir einen angeleinten Hund im Gehege, welcher stark misshandelt wurde und Menschen daher nicht besonders traut. Und obwohl ich die Tage zuvor ihn auch streichelte und fütterte, war es ihm an einem Tag zu viel, woraufhin er mich leicht in die Schulter gebissen hatte. Nicht so schlimm, dass es irgendwie behandelt werden musste, jedoch ein kleiner Weckruf für mich, nicht zu leichtsinnig zu werden. Fast die gesamten vier Wochen ging jeden morgen um 8:30 Uhr die Sonne auf und wärmte uns morgens bereits bei der Arbeit. Genau am vorletzten Tag hatte sich das Wetter jedoch dazu entschieden, einmal alles eingesparte Wasser auf uns zu gießen. Wir stellten fest, bei Regen ist die Arbeit gleich nochmals anders. Dreckig ist man eh, egal ob mit oder ohne Regen, anstrengender wurde es lediglich, da der Boden aufweichte und man aufpassen musste, nicht in ein, von den Hunden gegrabenes Loch zu fallen bzw. auszurutschen. An für sich war der Tag jedoch gleich anstrengend wie alle anderen auch. Nur eben nass. Das machte am Ende des Tages ebenfalls nichts aus, da gegen Nachmittag die Sonne sich zeigte und es schnell wieder begann zu trocknen. Beschweren wollen wir uns darüber schonmal gar nicht, da noch viel, viel mehr Regen für die Natur notwendig wäre…

Alles hat ein Ende

Vor dem Tag der Abreise gingen wir alle gemeinsam Essen und genossen den letzten Abend zusammen. Am letzten Tag verabschiedeten wir uns von allen Hunden und Helfern, packten alles zusammen und waren bereit wieder mehr von Griechenland zu sehen. Für uns ging es dann in Richtung Piräus, da die Fähre nach Kreta wartete. Bis Athen fuhren wir zu viert, da wir Lotte noch auf ihrer Rückreise ein Stück mitnahmen.
Zum Schluss kann man die vier Wochen sicherlich am besten mit Neeles Worten zusammenfassen, diese sind zwar bereits auf Instagram vorhanden, jedoch jeden Satz wert, sie nochmals zu lesen:

„Heute sind vier ganz besondere Wochen für uns zu Ende gegangen – vier Wochen mit vielen Emotionen: Freude, Traurigkeit, Unverständnis, Liebe. Katerina hat es sehr schön gesagt: Bei DASH zu helfen ist wie eine Achterbahnfahrt – einige steigen schon vor der steilen Abfahrt aus und können die Fahrt nicht genießen, wir sind für die Fahrt geblieben und würden sie immer wieder fahren. Zugegeben, waren wir am Anfang überwältigt, wie vermutlich jeder der im Shelter ankommt. Die Eindrücke kann man nicht beschreiben, man muss es sehen und erleben. Wir sind in manchen Situationen über uns hinausgewachsen, haben gelernt wie Hunde wirklich kommunizieren und wieso Straßenhunde, und somit auch Casper, so sind wie sie sind und das das so in Ordnung ist, auch wenn es nicht immer den „deutschen“ Vorstellungen entspricht. Gelernt, dass die Arbeit mit den Hunden durchaus gefährlich sein kann aber auch so belohnend, wenn sie einen immer mehr und mehr akzeptieren und dich am Morgen voller Euphorie mit ihren matschigen Pfoten anspringen oder Freudentänze aufführen. Und wir haben Menschen kennengelernt, die unglaubliches leisten. Eine Frau, die ihr Leben unabdinglich den über 900 Hunden gewidmet hat (Zahl noch immer ansteigend) und daher jeden Support verdient hat, den sie nur irgendwie bekommen kann.
Wir hoffen sehr, dass die Situation sich ändern wird und die Menschen lernen besser mit den Hunden umzugehen und auf sie zu achten. Sei das in Form von Fürsorge auch für kranke und alte Tiere oder das Kastrieren/Sterilisieren, damit irgendwann ein Ende in Sicht ist von ausgesetzten oder leidenden Hunden.

Wir werden die Zeit sicher nie vergessen, unsere Herzen sind auch etwas schwerer geworden, hätten wir doch gerne noch einem Hundi eine Chance auf ein neues Leben mit uns gegeben oder würden wir gerne immer Bellyrubs verteilen können, an alle die sie dort verdient haben. Und schwerer, weil wir wissen, was der Shelter für eine Arbeit ist und wie unvorstellbar es ist, wie so wenige Leute das Tag für Tag meistern. Also, wenn ihr mal Bock auf eine andere Art von Urlaub habt oder ein paar Euros übrig habt – ab zu @dashtierschutzkalamata und drückt alle feste von uns! 🐶🤍“

Danke an Lotte, Laura, Eva, Joris, Maria, Nabyl, Katerina, Hubert, Rena, Natascha, Ivan, Chiara und all die anderen helfenden Hände! Es war uns eine Freude mit euch zu arbeiten 🙂

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