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City-Hopping

Nach den ruhigen Tagen am Strand gab es für uns in den kommenden zwei Wochen eher das Kontrastprogramm: Städtebummel war angesagt. Zwar sind wir immer eher gemütlich von Ort zu Ort gefahren und haben zwischendrin wieder die ein oder andere Nacht am Meer verbracht, sodass es alles immer noch sehr entspannt war.

Los ging es mit Thessaloniki, zwar sind wir hier schon durchgefahren, aber wir wollten uns die Stadt auch noch richtig anschauen. Und logischerweise haben wir uns hierfür wieder einen Samstag ausgesucht, alles andere wäre ja auch zu logisch. Dementsprechend ging erst einmal mehr Zeit als geplant für die Parkplatzsuche drauf, denn natürlich war auch noch eine Beauty-Messe und dementsprechend viele Leute mit ihrem Auto da. Beim Sportzentrum sind wir dann aber fündig geworden und sind mit Casper erst einmal zur Promenade gelaufen. Die ist wirklich sehr schön und vor allem breit angelegt, sodass Fußgänger und Fahrradfahrer, zumindest an einem sonnigen Novembertag, im Sommer ist hier vermutlich deutlich mehr los, gemütlich aneinander vorbeikommen. Der Hafen erinnert an eine Mini-Ausgabe der Hamburger Docks, die Straße ist gesäumt von Cafés. Je weiter man Richtung Philharmonie läuft, werden die Cafés kurz hinter dem weißen Turm von kleinen Parks abgelöst. Zwangsläufig kommt man hier auch an den schwebenden Regenschirmen vorbei, die durchgehend als Foto-Sport genutzt werden. Sie sehen aber auch einfach cool aus, oder?

Dann haben wir Casper zurück zum Auto gebracht, bevor wir in die Stadt zum Bummeln losgezogen sind. Auf Straßenhunde sind wir tatsächlich nicht gestoßen, dafür umso mehr Katzen, die sich immer an den Mülleimern tummeln – tatsächlich bevorzugen wir mit Casper die Hunde, mit denen kommt er definitiv besser klar.

In der Innenstadt reihen sich diverse Shops aneinander, von den großen Ketten bis zum Krims-Krams-Laden lässt sich hier alles finden, aber vorrangig alles im Mode-Bereich. Und auf jeden Einkaufsladen kommen gefühlt drei Coffee-Shops, man kann hier keine 10 Meter laufen, ohne an einem vorbeizulaufen. Die Cafés sind proppenvoll und wir haben bisher wirklich kein hässliches Café gesehen, selbst wenn es nur ein reiner Coffee-To-Go Shop hat, sind die so schick, dass man sich einfach reinsetzen mag. Und mittendrin zwischen mehrstöckigen Häusern findet man auch diverse Ausgrabungsstätten. So auch unter der Hauptverkehrsstraße, die durch Thessaloniki führt.

Was uns auch aufgefallen ist, ist das Thessaloniki eine extrem saubere Stadt ist, wo wir doch bisher schon auf viel Müll in Griechenland gestoßen sind. Als wir uns dann etwas schlau gemacht haben, haben wir rausgefunden, dass der Bürgermeister von Thessaloniki (75 Jahre, Ex-Alkoholiker, Ex-Winzer, Millionär und Träger des Bundesverdienstkreuzes) sich in Berlin über Abfallwirtschaft informiert hat und die Ideen direkt in die Stadt hat einfließen lassen. Scheint bisher zu funktionieren.

Gegen Abend sind wir dann in die Altstadt gelaufen, um uns dort in einer typisch griechischen Taverne lecker Abendessen zu gönnen, bevor wir Thessaloniki schon wieder verlassen haben. Uns hat der junge Vibe der Stadt extrem gut gefallen, zudem kann man hier auch kulturell echt viel unternehmen und über die Stadt und ihre Geschichte erfahren. Und wir würden zustimmen, dass Thessaloniki als Reiseziel vermutlich unterschätzt wird, wir würden wieder kommen.

Hafenstädte haben einfach ihren eigenen, besonderen, Flair, deswegen ging es für uns auch direkt weiter in die nächste Hafenstadt: Volos. Bei Ankunft hat es ziemlich geregnet, weshalb es eher ein relativ zügiger Spaziergang durch den Außenbereich der Innenstadt wurde, aber auch hier wieder diverse Cafés, Restaurants, Klamotten- und Schuhläden, wo man Stunden mit Schaufensterbummel verbringen könnte. Übernachtet haben wir auf dem Hausberg bei einer Kirche, der Ausblick von dort ist wirklich sehr schön. Allerdings befindet sich direkt unter dem Plateau eine Zementfabrik, die dauerhaft am Dröhnen ist und einen manchmal denken lässt, man stehen neben der Flug- und Landebahn eines Flughafens. Dafür haben wir die stündlich kommenden und gehenden Autos, die hier auf die mehr oder weniger intime Art und Weise den Ausblick genießen, nicht so laut gehört ;).

Am nächsten Tag habe ich (Neele), dann endlich einen längst überfälligen Frisörtermin ergattert und hab das sonnigere Wetter genutzt, um nochmal durch ein paar neue Gassen der Stadt zu schlendern und dem Drang zu widerstehen, mich in jedes der hübschen Cafés setzen zu wollen.

Solltet ihr mal in der Region um Volos unterwegs sein, müsst ihr übrigens unbedingt Tsipouro bestellen – ein Tresterbrand den aber fast niemand bestellt, weil er ihn so lecker findet, sondern weil zu jedem Tsipouro eine Überraschungs-Meze gereicht wird. Der Frisör bei dem ich war, hat mir neben super vielen hilfreichen Tipps netterweise auch gesagt, dass es okay ist, wenn wir ihn nicht trinken und mehr als drei wären sowieso ein Fehler.

Wir sind dann auch erst einmal in der Gegend geblieben, wir haben die kleinen Städtchen auf der Landzunge rund um den Gipfel Pilio erkundet. Ähnlich wie in Chalkidiki gibt es hier viele kleinere Strand-Dörfchen, die mehr oder minder verlassen sind, aber die Region ist deutlich weniger touristisch geprägt. Es gibt weniger Strandbars und viele der Häuser scheinen eher im Privatbesitz zu sein, statt als Ferienwohnung vermietet zu werden. Aber um ehrlich zu sein haben uns nicht die Dörfchen am Strand in ihren Bann gezogen, sondern die Bergdörfchen. Einen Tag haben wir einfach genutzt, um von Dörfchen zu Dörfchen zu fahren und zu schwärmen, wie gerne wir auch so ein Backsteinhäuschen mit Holz-Fensterläden und Türen hätten. Hier hält dann auch wieder der ein oder andere Reisebus und es gibt mehr Hotels, dennoch hat nichts davon dem ganzen Flair einen Abbruch tun können.

In einer der traditionellen Bäckereien haben wir uns dann noch den Zuckerschock schlechthin abgeholt, aber die verlorenen Kalorien durch den nicht-vorhandenen Raclette-Verzehr diesen Winter müssen ja auch wieder irgendwie reingeholt werden 😀

Und nun standen wir vor der Frage Athen – ja oder nein? Wir sind wirklich keine Großstadt-Fans, der Verkehr ist meistens Horror und die Parkplatz-Suche bringt meist das Fass zum Überlaufen. Aber können wir ernsthaft durch Griechenland reisen, ohne die Hauptstadt angeschaut zu haben? Und nein, irgendwie konnten wir das nicht, weshalb es langsam, aber sicher nach Athen ging.

Gestartet haben wir im Außenbezirk Kifisia aus einem sehr banalen und dennoch wichtigen Grund: hier gibt es endlich einen Supermarkt, der Oatly im Sortiment hat (muss ich jetzt auf unbezahlte Werbung hinweisen?). Anfangs haben wir nirgends Hafermilch gefunden, bei größeren Städten gab es dann wieder vereinzelt welche, aber Barista-Hafermilch, no chance. Deshalb haben wir uns in Kifisia damit erstmal ordentlich eingedeckt, auf die Cornflakes die aus Amerika importiert wurden für 10 € oder die Nürnberger-Lebkuchen für 7€ haben wir dann aber verzichtet. Nachdem wir dann keine 500 m gefahren sind, haben wir auch gemerkt, wieso dieser wahnsinnig überteuerte und fancy Supermarkt hier drei Filialen hat (und sonst nirgendwo in Griechenland eine): eine Vorstadtvilla hat sich an die andere gereiht, alle umzäunt von den dicksten Mauern, oben mit Stacheldraht und Videokameras an jeder Ecke, ich kam mir vor wie in Beverly-Hills nur mit engerer Bebauung. Aber ich könnte Stunden durch solche Bezirke laufen und mir die Häuser anschauen. Mich fasziniert sowas total und lässt mich schwärmen, mal einen Tag in der High-Society zu sein, um in einer der vielen Boutiquen die es in dem Örtchen gab mit meiner Platin-Kreditkarte shoppen zu können, nur um dann zu merken, dass Geld nicht glücklich macht und ich wieder zurück in mein tatsächliches Leben will.

Übernachtet haben wir dann hoch über Kifisia mit einem wahnsinnigen Ausblick über Athen – klar, Hauptstadt von Griechenland und so, aber dass Athen so riesengroß ist, war uns bis dato noch nicht klar. Nachts kamen auch hier wieder diverse Autos, einige haben Party gemacht – die Griechen düsen einfach gerne auf Berge, um dort zu feiern oder sonst was zu machen.

Nach der mehr oder minder ruhigen Nacht, ging es dann los ins Getümmel. Autofahren ist hier schon sehr verrückt, rote Ampeln werden mal respektiert, mal nicht, Blaulicht wird von allen ignoriert und die Roller- und Motorradfahrer sind absolut lebensmüde. Und Parken können sie definitiv alle nicht. Dafür war diesmal die Parkplatzsuche kein Problem, mitten über der Athener Innenstadt befindet sich „Lofos Likavitou“, ein kleiner bewaldeter Hügel, auf dem oben ein riesiger Parkplatz ist, der nichts kostet und von so gut wie niemandem genutzt wird. Alle anderen Parkplätze waren so schlecht bewertet und an vielen wird wohl regelmäßig in die Autos eingebrochen, die negativen Erfahrungen von dem Platz haben sich aber lediglich auf die Nacht bezogen, da hier dann wohl oft Party gemacht oder gedriftet wird, tagsüber gab es aber nur gute Erfahrungen. Und so haben wir Herbert mit gutem Gewissen abgestellt, aufs beste gehofft und sind den Berg runter in die Stadt.

Direkt am Fuße des Hügels sind wir erst einmal in das Viertel Kolonaki gestolpert, definitiv das Schicki-Micki Viertel von Athen. Hier reihen sich Dior, Hermès und Gucci zusammen mit schicken Restaurants und Cafés aneinander. Das Viertel liegt am Hang und verleiht dem ganzen so echte San-Francisco-Vibes, mit Straßen die steil hoch und direkt wieder runter gehen und eleganten Wohnhäusern am Straßenrand.  Weiter ging es zum Stadtpark Ethnikós Kipos, wo wir die 1 überqueren mussten, hier befinden sich diverse Botschaften in ihren pompösen Gebäuden mit Palmen vornedran, die einem ordentliche Kalifornien-Vibes spüren lassen. Anschließend sind wir vorbei am Zappeion und Olympieion zur Akropolis gelaufen. Tatsächlich sind wir nicht rein, Hunde haben keinen Zutritt und meistens finden wir solche Sachen aus der Ferne immer beeindruckender als von nahem. Und natürlich ist die Akropolis zurzeit in Gerüste gehüllt, sowas passiert uns in jeder Stadt mit den Denkmälern. Also ging es für uns gemütlich durch die verschiedenen Stadteile wieder zurück zum Auto, was wir zum Glück absolut unversehrt wieder vorgefunden haben.

Die Nacht haben wir dann auf einem anderen Berg neben Athen verbracht, der hauptsächlich zum Mountainbiken und wandern aufgesucht wird. Allerdings ist hier jede Ausbuchtung mit Blick auf Athen übersät mit Feuchttüchern und Kondompackungen, weshalb wir die sauberste Bucht ohne Aussicht zum Übernachten gewählt haben. Und bis auf ein paar lustige hupende Autos in der Nacht, war die Nacht deutlich ruhiger als die vorherige.

Wir waren aber noch nicht fertig mit Athen, mittags sind wir wieder mit Casper los durch einige der vielen Stadtparks unter anderem den Alsos Ilision, an dessen Spitze sich die Studentenwohnungen von Athen befinden. Von dort sind wir zum Panathenaic Stadium gelaufen, dem einzigen Stadion, dass komplett aus Marmor besteht, bevor wir Casper zurück zum Auto gebracht haben, um nochmal alleine loszuziehen. Erst einmal ging es ins historische Zentrum, das gar nicht so historisch aussieht, sondern eher grau, trist und etwas abgerockt. Ein kurzer Schlenker durch die Markthalle, wo uns aber der Geruch nach Schlachterei und die vielen halben, gehäuteten Schafe recht schnell wieder nach draußen gejagt haben.  Von dort zum Omonia-Platz, wo ich eigentlich einen Weihnachtsmarkt erwartet habe, der allerdings erst am 19.12. startet, uppsi. Dann hat uns unser Magen erneut in Viertel Monastiraki / Psiri gelockt, wo wir schon am Tag vorher an so vielem gemütlichen Restaurants vorbeigelaufen sind. Unschlüssig was wir essen wollen, hat dann ein Schild mit „Cheese-Fondue“ die Entscheidung für uns getroffen. Uns war schon klar, dass wir die Erwartungen eher tief halten sollten, also haben wir uns geistig auf geschmolzenen Cheddar eingestellt wurden aber dann mit doch recht schmackhaftem, gutem Käse überrascht. Die Konsistenz war zwar verbesserungswürdig, die war halt so wie man sie in einem Fleisch-Fondue-Topf hinbekommt, aber dennoch war es kein Voll-Flop und wir trotzdem sehr happy. Danach gab es noch ein Dickes Eis in einem der vielen Gelaterias und wir sind durch die ganzen schön beleuchteten Straßen gelaufen, ein Stopp beim „Little Kook“ durfte fürs Foto dann auch nicht fehlen.

Zurück zum Auto ging es dann auf faule Art und Weise mit dem Taxi, aber ein viertes Mal wollten wir den Hügel nun wirklich nicht hochkraxeln. Wieder am noch immer unversehrten Herbie angekommen hat uns der Weg zum Schlafplatz der vorherigen Nacht geführt, wo wir dann schnell und tief eingeschlafen sind, um die ganzen Eindrücke von Athen zu verarbeiten.

Und was sollen wir sagen, wir wurden positiv überrascht. Durch die vielen verschiedenen Viertel, die unterschiedlicher nicht sein könnten, hat Athen für alle was zu bieten. Es hat nicht diesen unpersönlichen Großstadt-Flair und auch wenn die Leute in verschiedenen Vierteln wohnen, treffen sich verschiedenen Schichten dann doch wieder im gleichen Café. Klar, das richtige Zentrum sieht aus wie jedes andere mit den üblichen Modelabels, aber sobald man nur in die Nebenstraße abbiegt, gibt es die kleineren Geschäfte mit mehr Charme und schönen Konzepten wie zum Beispiel Living Green (ist jetzt mein neuer Lieblingsladen, blöd, dass der so weit von zuhause weg ist). An jeder zweiten Ecke gibt es coole Street-Arts oder Gebäude, die man sich anschauen kann, die ganze Stadt ist irgendwie ein Museum. Cafés, Bars und Restaurants gibt es gefühlt mehr als Einwohner und das Stimmengeschwirr, was aus den Räumen drängt, zieht einen irgendwie in den Bann. Und sollte einem das Getümmel zu viel werden, vergisst man die Großstadt sofort, wenn man die ersten Schritte in den nächsten Park setzt.

Wir kommen sicher irgendwann für einen reinen Städtetrip ohne Hund wieder, sei es auch nur für Café- und Bar-Hopping. Aber auf jeden Fall würde ich wieder die Vorwiehnachtszeit wählen – die ganzen Lichter verleihen jeder Stadt einfach einen kleinen Funken Magie ✨

Voll von Eindrücken haben wir uns dann über die Bergstraßen nach Peloponnes gemacht, wo wir jetzt auf Messini zusteuern. Dort wartet unser nächstes Ziel auf uns, wir werden einen Monat im Shelter von Dash arbeiten. Hier leben über 900 Straßenhunde, die Verpflegung basiert ausschließlich auf Spendengeldern und der Hilfe durch Volontäre. Und da uns die Situation mit den Straßenhunden hier doch schon beschäftigt und wir ja selber so ein Spezl mit an Bord haben, haben wir uns entschieden, dass wir zumindest einen kleinen Beitrag für dieses schier endlose Projekt liefern wollen. Wie das wird und was uns erwartet wissen wir nicht, wir werden berichten. Eins ist sicher: Das wird auf jeden Fall eine ganz andere Art von Weihnachten für uns. 🎄

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