Stadt, Strand, Insel
Von Svensby ging es dann für uns mit der Fähre nach Breivikeidet und so haben wir auch schon die Lyngenalpen-Region hinter uns gelassen. Das ist für uns aber okay, wir durften das Panorama auf dem Weg in den Norden und wieder zurück in den Süden genießen und touristisch erschlossen sind die Alpen sowieso nicht, allerdings tummeln sich hier im Winter wohl diverse Extremsportler, um auf ihre Kosten zu kommen.
Die nächsten zwei Nächte haben wir dann in einem „Småvildjagt“-Gebiet in Ramfjordbotn neben einem Waldweg verbracht, von hier gab es einige Spazierwege, unter anderem die Wanderung über die bisher wackeligste Hängebrücke und durch halben Urwald.
Während am Morgen noch herrlicher Sonnenschein geherrscht hat, kam von der einen auf die andere Sekunde ein heftiger Wind auf, der die dunklen Wolken zu uns getrieben hat. Daraufhin haben wir zusammen gepackt und den Weg Richtung Tromsø eingeschlagen, mit der Aussicht irgendwo unterwegs noch eine Müllstation zu finden, diese so wie Entsorgungsstationen für Abwasser sind hier oben mittlerweile wirklich rar geworden. Leider hatten wir noch immer kein Glück und mittlerweile einen echt sehr vollen Mülleimer, aber dann musste das halt warten. Trotz mäßigem Wetter haben wir entschlossen, dass wir uns Tromsø schon heute statt, wie ursprünglich geplant, morgen anschauen – Marvin hatte nicht so riesen Lust auf Shopping und ist daher mit Casper einfach etwas durch die Straßen geschlendert. Neele hat den ein oder anderen Laden von innen gesehen und war im „Blue Vision“ – eine öffentliche Ausstellung über die Lachszucht im Kysten Hus. Die Ausstellung ist wirklich klein, besteht eigentlich nur aus 3-4 Touchscreens, ein paar Touchpads an denen Kinder spielend lernen können und ein Kontrollzentrum, von dem aus man in Echtzeit einige der Lachsfarmen beobachten kann. Dennoch waren die Infos super spannend, zum Beispiel wurde aufgezeigt wie lange es von der künstlichen Befruchtung (oder nennt man das Belaichung?) der Eier über die Aufzucht in Legebatterien (die sehen wirklich ähnlich aus wie die von Hühnern), der Anzucht im Süßwasser, der Transformation vom Süß- zum Salzwasserfisch und der anschließenden Überführung ins Salzwasser in die Fisch-Farmen, wo die Lachse dann „auswachsen“, bis hin zur Schlachtung dauert. Das sind meist 1.5 – 2 Jahre, bis der ausgewachsene Lachs 4-6 kg schwer ist. Zudem wusste ich auch nicht, dass die Lachse geimpft werden, so soll übermäßige Antibiotika-Andwendung unterbunden werden. Außerdem muss der Lachs vor den Lachsläusen (Parasiten) geschützt werden. Überall in Norwegen und Schweden hängen hierzu auch Infos für Hobby-Angler, die alle Ausrüstung desinfizieren müssen, um eine weietre Ausbreitung möglichst zu unterbinden. Die großen Farmen haben verschiedene Methoden: spezielle Netze, die die Läuse fern halten sollten, Änderung der Wassertemperatur, waschen der Lachse mit Süßwasser oder einen Roboter, der die Lachse abscannt und erkannte Läuse mittels Laser regelrecht abschießt. Und wenn das alles nicht hilft, dann kommt natürlich Chemie zum Einsatz. Norwegen produziert knapp über 50% des gesamten atlantischen Lachses auf der ganzen Welt. Chile ist mit 25 % an zweiter Stelle (Stand 2015). Im Durchschnitt isst ein Norweger 8.2 Kilo Lachs im Jahr und ein Deutscher 1.7 Kilo. Fakt ist, dass die Lachszucht (und auch normale Fischerei) in Norwegen unglaublich viele Arbeitsstellen schafft- dennoch stehe ich seit Seaspiracy dem ganzen Fischkonsum etwas kritisch gegenüber und musste dann auch schmunzeln, dass beim abschließenden Quiz raus kam, dass Lachs gegenüber anderem Fleisch ökologisch gesehen am besten für alle Beteiligten ist. Aber da möchte ich jetzt auch keine Diskussion über Fleisch-, Fisch-, oder anderen Konsum eröffnen – ich fand es jedenfalls recht interessant mir die kleine Ausstellung anzuschauen und würde es auch jedem empfehlen, ist ja schließlich auch noch kostenlos. Zusätzlich zu der „Lachs-Info“ gibt es auch kleine Infostände über die Standard-Fischerei und ein paar Ausstellungsstücke wie z.B. verschiedene Fische.
So, kurz abgeschweift, zurück in die Tromsøer Innenstadt – nachdem Casper ins Auto gebracht wurde sind wir noch in einem Café gelandet und haben lecker Kuchen gegessen, das darf natürlich bei der Stadtbesichtigung nicht fehlen. Und wir waren uns direkt einig: Tromsø ist seit langem wirklich mal wieder eine schöne norwegische Stadt. Die Fusion von alten und neuen Gebäuden ist hier unserer Meinung nach wirklich richtig gut gelungen und die Stadt strahlt mit den skandinavischen Holzhäuschen einfach Charme aus. Zudem gibt es wirklich super viele Cafés und Restraurants, die alle sicher einen Besuch wert sind.
Für uns war es das aber erst mal mit Innenstadt, wir haben nachmittags einen Schlafplatz neben einem Fußballfeld angesteuert (Marvins Abendprogramm war gerettet), wo es zum Glück auch endlich mal wieder einen Müllcontainer gab (keine Ahnung, ob das legal war unseren Müll da rein zu werfen). Und zu Caspers Glück (oder vielleicht fanden wir es auch cooler als er) gab es hier auch einen eingezäunten Dog-Park. Zwar wurde der Teil für die großen Hunde gerade in der Woche saniert, aber das Gehege für die kleinen Hunde war offen. Heißt Casper konnte ohne Fluchtgefahr von der Leine und mal ein bisschen rum rennen – im Endeffekt hat er zwar nur einen Ausgang gesucht oder fein Tricks gemacht, um Leckerlis zu bekommen, aber es war dennoch mal schön ihn von der Leine lassen zu können. Anschließend ging es für uns zu den Sherpa-Treppen in Tromsdalen, 1203 Stufen sind wir hoch und wieder runter gekraxelt um Tromsø von oben zu sehen. Während wir auf Rødøy keinem einzigen Menschen auf den Treppen begegnet sind, hat hier reges Treiben von diversen Schulklassen oder Touristen geherrscht. Und da auch eine Cable Car hochfährt, sind wir oben auch mitten in die Besatzung eines britischen Kreuzfahrers gerauscht – aber hier oben ist zum Glück genügend Platz für alle gewesen (auf Rødøyløva wäre das etwas enger geworden).
Danach haben wir noch einen kurzen Abstecher in den botanischen Garten gemacht, den wir aber unbeabsichtig schneller verlassen haben als wir wollten, da wir in ein Wäldchen abgebogen sind, das direkt auf das Uni-Gelände geführt hat. Das, was wir gesehen haben, sah aber sehr schön aus. Nach einem kurzen Abstecher in die Jekta-Mall haben wir uns dann ein Plätzchen für die Nacht nahe Kvaløysletta gesucht. Wir standen an einer großen Einbuchtung neben der Straße mit schönen Blick auf den Fjord und sind immer noch jeden Abend ganz erstaunt, dass es wirklich wieder „dunkel“ wird. Zwar ist es immer noch mehr eine starke Dämmerung als richtige Dunkelheit, dennoch nutzen wir die Chance immer mal wieder zu spähen, ob wir schon Nordlichter sehen können. Die ersten wurden nämlich schon vor ca. einer Woche auf den Lofoten gesehen. Und während wir die Dunkelheit für sowas genutzt haben, hat neben uns jemand die Dunkelheit genutzt, um den Inhalt seines Anhängers im Fjord zu entsorgen. 100% sicher sind wir uns nicht, was er da los geworden ist, aber auf jeden Fall war das Ganze ziemlich suspekt und vielleicht hätten wir im Nachhinein auch was machen sollen, aber irgendwie ist man da dann als Nicht-Einheimischer doch zurückhaltender… Nach einer kurzen Nacht, da der Berusfverkehr früh am Morgen los ging, sind wir dann wieder ein Stück rückwärst zum Eide-Handel gefahren. Hierbei handelt es sich um einen lokalen Lebensmittelhändler, der damit beworben wird, alles so lokal wie möglich zu beziehen – das wollten wir natürlich nutzen und mussten sowieso einkaufen. Beim Eintreten ist uns direkt aufgefallen, dass es unglaublich gut nach frisch Gebackenem riecht und da ist uns aufgefallen, dass wir diesen Bäckerei-Duft schon Ewigkeiten nicht mehr gerochen haben. Denn so eine Bäckerei-Kultur wie bei uns, gibt es hier in Norwegen nicht. Drinnen im Markt waren wir dann doch überrascht, dass wir eigentlich in einem „normalen“ Supermarkt standen. Alle gängigen Marken und Artikel, wie es hier in jeder Kette gibt, waren auch hier zu finden. Der einzige Unterschied war die wirklich große Fisch- und Fleischtheke, die bei uns in den größeren Supermärkten irgendwie total selbstverständlich ist, es hier aber nicht wirklich gibt (von Käse fange ich gar nicht an zu reden, da muss ich weinen, hier gibt es einfach nur Butterkäse in 20 „verschiedenen“ Geschmacksrichtungen da müssen wir von einer Käsetheke gar nicht erst träumen). Und hier gab es dann wirklich auch sehr viel Lokales. Auch in der Obst- und Gemüseabteilung gab es etwas mehr lokale Dinge als im normalen Supermarkt aber dennoch auch alles Mögliche aus vielen anderen Ländern. Ergo standen wir einfach in einem „deutschen“ Supermarkt, mittlerweile kann man ja bei uns zum Glück oft lokale Artikel kaufen, irgendwie haben wir das als so selbstverständlich gesehen, dass wir hier dafür völlig das Gefühl verloren haben und es hier demnach einfach noch sehr besonders zu sein scheint und als besonderes Merkmal des Eide-Handels ausgewählt wurde. Wir haben also unsere Einkäufe erledigt und sind ein Stückchen weiter in den Süden gefahren, allerdings nicht weit, denn wir wollten nach Ersfjordbotn – Neele hatte dort im Internet ein gemütliches Café namens „Bryggejentene“ entdeckt (vielleicht habt ihr mittlerweile gemerkt, dass wir dafür irgendwie eine Schwäche haben). Und das noch nicht genug, das Café hatte sogar noch einen angehängten Deko-Shop also quasi Café Hygge in Norwegen! Da wir aber auch noch mit Casper mussten, haben wir das Ganze mit einer kleinen Wanderung verbunden. Unsere Waden fanden das nach den Sherpa Treppen gar nicht so lustig, denn natürlich war der Weg wieder mit einigen Höhenmetern verbunden, aber der Hinweg war sehr gut zu machen, hier gingen die meisten Höhenmeter bergab und wir hatten die Köstlichkeiten im Café schon förmlich vor Augen. Das Café war extrem gut besucht was aber absolut logisch ist – es befindet sich direkt am Fjord-Ende im kleinen Örtchen Ersfjordbotn und hat einen dementsprechend schönen Ausblick von der Terasse. Zudem war strahlend blauer Himmel und es war wirklich richtig warm, was jeder mit einem kalten Getränk genießen oder sich nach der Wanderung belohnen wollte, so wie wir. Und das haben wir auch mit einem leckeren Brie-Sandwich und kalten Getränken. Der Rückweg war dann etwas weniger motiviert, da nun die vielen Höhenmeter direkt steil bergauf gingen und am Ende kein weiteres Kaltgetränk auf uns gewartet hat. Dennoch war der Weg wirklich schön, das Wetter unglaublich herrlich und wir alles in allem froh, die Wanderung gemacht zu haben. Aber manchmal muss man auch ein bisschen jammern. 🤭
Am Auto angekommen wurde die Musik aufgedreht und die nächsten Kilometer einen auf Summerroadtrip gemacht – für uns ging es nämlich nach Sommarøy, was auch als Stadtstrand von Tromsø bezeichnet wird. Aber so „fancy“ wie sich das jetzt vielleicht anhört, war der Grund unseres Besuches gar nicht. Wir mussten nämlich eigentlich nur Wäsche waschen und das ist wirklich der Hass-Part an unserem momentanen Leben. Nichts stresst uns so sehr wie Wäsche waschen, das geht hier meistens nur auf Campingplätzen, ab und an mal an einer Tanke oder am Hafen. Wir haben kein Problem mit dem Wäsche waschen an sich, es ist eher der Stress, ob die Maschinen frei, sauber und funktionstüchtig sind und ob man sich mit anderen Menschen darum prügeln muss. Okay, vielleicht etwas dramatisch formuliert, aber bei so Sachen herrscht hier manchmal einfach Anarchie – wer zuerst kommt malt zuerst und sobald die Maschine eine Sekunde zu lange frei ist, stopft jemand sein Zeug rein. Im Endeffekt war es ganz enstpannt, niemand sonst wollte waschen, wir haben gelernt und mehr Maschinen gemacht, damit auch alles trocken wird und hatten dann bis nachts die drei Maschinen durch. Dennoch hoffen wir sehr, dass die anderen Länder, die noch kommen, Waschsalons haben werden – wir haben uns sogar jetzt schon einen in Finnland vorgemerkt 😄 Am Morgen gab es dann einen kleinen Spaziergang durch das kleine Dörfchen, das wirklich super schön gelegen ist und überall kleine weiße Sandstrände mit glasklarem Wasser hat.
Aber zum weiteren Verweilen hat uns gerade nichts verleitet, daher haben wir alles fertig gemacht und sind zum nächsten Fähranleger gefahren, denn das neue Ziel war Senja. Eventuell waren wir super-deutsch und standen geschlagene 3 Stunden vor Abfahrt an erster Stelle in der Schlange in Brensholmen – die Fähre fasst „nur“ 25 Autos und ist wohl in der Hochsaison mal gerne überfüllt und fährt maximal alle zwei Stunden – zudem musste Marvin eh noch arbeiten und bevor wir einfach doof auf einem anderen Parkplatz gestanden wären, haben wir es uns halt dort bequem gemacht. Das hat uns dann auch die Pole-Position auf der bisher ältesten Fähre, die wir gefahren sind, verschafft, die uns direkt auf Senja gebracht hat. Senja soll wohl noch ein echter Geheim-Tip sein, das werden wir die nächsten Tage dann sehen – hinter uns in der Schlange standen auf jeden Fall schon mal 4 deutsche Pärchen. Zudem gibt es auf der Insel eine der offizielen „nasjonale turistveger“, allerdings ist ein kurzes Stück davon wegen Bauarbeiten gesperrt, was in einen Umweg von geschlagegenen 80 km resultiert, wenn man den anderen Part der Route fahren will (insgesamt hat die Route eigentlich nur 90 km) – wir gucken einfach wie wir lustig sind, ob wir den anderen Part dann noch fahren oder nicht. Aber erst einmal geht es für uns dann wohl oder übel über die Umleitung weiter Richtung Süden.