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Ab in den Süden, äh, Norden!

Nachdem die 87 nun auch den zweiten Fahrer von uns alle Nerven gekostet hatte, konnten wir endlich wieder auf die E6 auffahren, was Balsam für die Seele und vor allem für Herbert waren. Bei schönstem Wetter sind wir direkt an den Fjorden mit Blick auf einige Gletscher bis nach Birtavarre gefahren – und das war es dann auch schon wieder mit den guten Straßen. Über eine Schotterstraße, die eher Schlagloch als Straße war, ging es vorbei an Schafsherden zum Wanderparkplatz. Von hier sollte eigentlich eine Wanderung zur Gorsa Brücke los gehen – nur, dass die Wanderung direkt mit einer Flussdurchquerung begonnen hätte. Und zwar nicht eine á la wir hüpfen von Stein zu Stein, sondern eine á la die Brücke ist eingestürzt und liegt komplett im Fluss. Wir haben tatsächlich ein paar Österreicher gesehen, die von ihrer Wanderung zurückkamen und durch den schienbein- bis kniehohen Fluss gewatet sind, aber eine Wanderung direkt so zu starten, wollten wir dann doch nicht. Also dachten wir, dass der Weg ja nicht wirklich schlimmer werden kann, wenn wir noch ein Stück weiterfahren. Tja, stellt sich heraus, dass wir Herbert zum Glück recht stabil ausgebaut und verschraubt haben – denn die Strecke hat zeitweise ziemliche Offroad-Eigenschaften angenommen. Es ging steil bergauf über ausgewaschene Spurrillen, Schlaglöcher und eine Holzbrücke, die Neeles Herz ziemlich zum Flattern gebracht hat. Zum Glück ist Marvin da als Fahrer aber eher skrupellos (ok Maximalgewicht der Brücke waren auch 8 Tonnen) und ist einfach drübergefahren, nur um auf der Schotterstraße noch weiter hoch ins Gebirge zu fahren. An dem angepeilten Parkplatz angekommen, hatten wir einen Wahnsinns-Blick ins Tal aber ca. 5 Grad Neigung im Auto, was zum Schlafen eher so semi-toll ist. Casper schon sichtlich nervös von der Ruckelfahrt (früher hätte er hier nach ca. 3 Minuten gekotzt) sind Neele und Casper ausgestiegen, während Marvin langsam recht Freude an der Piste gefunden hatte und weiter oben auf dem Plateau nach einem geraden Parkplatz suchen wollte. Leider haben wir nichts Geeigneteres gefunden und haben schlussendlich auf Steine aufgebockt, um etwas gerader zu stehen für die Nacht. Gegen 21-22 Uhr kamen dann noch diverse Norweger an, die eben noch schnell die Abendrunde zur Brücke gemacht haben. Wir waren dann aber doch auch ziemlich geschlaucht von der Fahrt, haben daher beschlossen gegen den Strom zu schwimmen und am nächsten Tag um 6 Uhr die Wanderung zu starten. Denn um 11 Uhr waren die Bungee-Sprünge für den Tag geplant – von der Gorsa Brücke kann man nämlich den Sprung zusammen mit dem Wasserfall in die Tiefe wagen, dem Trubel wollten wir aber eher entgehen (obwohl ich ja doch gerne jemanden hätte springen sehen, aber keine Lust auf eine Ansammlung von 30 Leuten auf einem vergleichsweise kleinen Gebiet hatte). Dadurch, dass wir schon sehr weit oben standen, war es bis zu Brücke eher ein gemütlicher Spaziergang. Da wir dann, wie erwartet, komplett allein waren, konnten wir auch das Vorhaben in die Tat umsetzen und die Drohne steigen lassen. Dadurch sind einfach so großartige Aufnahmen entstanden, woran wir uns sicher noch lange freuen werden. Hier seht ihr mal ein Video-Zusammenschnitt von den Aufnahmen (Achtung, eventuelle Weiterleitung auf Instagram):

Und noch ein paar Fotos:

Wir haben die Runde dann noch erweitert und sind bis zur Sabetjohka Hütte gelaufen, wo es für uns alle dann erst einmal Frühstück gab. Als Rückweg haben wir dann die Straße gewählt, sodass wir nicht zwei mal den gleichen Weg laufen müssen. Auf dem Weg haben wir noch eine ominöse Ruine passiert, ob das Haus schon mal stand oder nie errichtet wurde wissen wir nicht, vielleicht sollte das mal ein Hotel werden? Auch hier oben sind uns noch diverse Autos (meist aus Finnland) entgegengekommen, die Straße scheint eine direkte Verbindung nach Finnland zu haben. Auf jeden Fall kann man bis zum Haldi, Finnlands höchstem Berg, wandern, aber das ist uns nun doch ein Stück zu weit. Also geht es die Abenteuer-Piste wieder runter, ein tiefergelegtes Auto kommt uns entgegen, ob das am Ende immer noch tiefer gelegt war? Hier bekommt ihr vielleicht einen kleinen Einblick in die abenteuerliche Fahrt:

Unser nächster Halt war dann Storslett, hier haben wir die Touri-Info angesteuert, da wir überlegt haben den Reisa-Nationalpark zu besuchen. In der sehr schönen Info bekamen wir auch Hilfe, allerdings bestätigte sich unsere Vermutung, dass es eigentlich nur eine taugliche, recht kurze, Wanderung für uns gäbe, die zum Sarafossen führt. Allerdings hätten wir dazu erstmal 45 km zum Eingang vom Nationalpark fahren müssen – bedeutet knapp 100 km für eine 2 km Wanderung. Die anderen Wanderrouten sind Mehr-Tages-Routen, teilweise bis über die finnische Grenze. Als wir damals in Schweden waren, haben wir auch mal eine Tour mit Übernachtung gemacht, aber in dem Nationalpark war die Dichte der Übernachtungshütten deutlich höher und auch die Wanderwege besser ausgeschildert. In Norwegen haben wir das Gefühl, dass auf jeden Fall ein Zelt mitmuss und man gerade in den nördlicheren Parks wirklich Erfahrung braucht, sich auch mal ohne Wegweiser oder ähnliches durch die Natur zu kämpfen. Fast jeder der Nationalparks hier oben weist auch ausdrücklich darauf hin, dass man bei den längeren Touren eher auf sich allein gestellt ist. Und irgendwie fühlt sich das für uns nicht gut an, wir wissen auch nicht, wie Casper im Zelt wäre – im Auto bekommt er einen Koller, wenn draußen Rentiere laufen, und rennt die halbe Bude zusammen, weshalb wir uns an die Tages-Touren halten, damit fühlen wir uns einfach wohler. Wir haben uns daher dann auch gegen die 100 km Umweg entschieden und somit gegen einen Besuch im Reisa-Nationalpark. Stattdessen haben wir das schöne Wetter genutzt und uns für einen entspannten Mittag einen Platz am Fjord gesucht. Hier bekamen wir Besuch von einem weißen Rentier und Marvin konnte mit dem Fernglas einen Weißkopf-Adler beim Schnabulieren beobachten. Am Abend sind wir dann noch essen geganen, das Essen war lecker, aber irgendwie haben die Norweger diese „hyggelige“ Atmosphäre in Cafés und Restaurants noch nicht raus – scheinbar ist da der Funken vom schwedischen Nachbarland nicht übergesprungen. Wir hatten dennoch ein nettes Gespräch mit ein paar Locals, wurden zum Dorffestival eingeladen, und haben uns den Lava-Cake als Dessert gegönnt und waren rundum zufrieden.

Weiter geht es in den Norden, das gute Wetter hat uns verlassen und die Motivation groß irgendwo hinzufahren auch – daher sind wir für zwei Tage in Burfjord auf einem kostenlosen Parkplatz direkt am Fjord gestrandet und haben nur das nötigste gemacht (Arbeiten, Gassi gehen, Essen kochen).

Dann wurde das Wetter wieder besser und die Motivation auch, daher sind wir zum Øksfjordjøkelen aufgebrochen, der neuntgrößte Gletscher auf dem norwegischen Festland. Da wir auf der Helgelandsyksten den Svartisen-Gletscher hinter der dicken Nebelwand nur erahnen konnten, konnten wir den hier in voller Pracht bestaunen – von Anfang der Route bis zum Ende. Anfangs war alles noch recht feucht, der Weg über Steine und Matsch eher eine Rutschpartie, aber die Sonne wurde immer stärker. Der Weg führt hauptsächlich am Meer entlang, mal durch einen gefühlten halben Urwald, dann über eine Wiese oder den Strand. Die Route endete auf einer großen Wiese mitsamt Feuerstelle und einem wunderbarem Blick auf den Gletscher. Auf dem Rückweg haben wir einen ziemlichen lauten Knall gehört, aber als wir uns schon etwas mulmig umgedreht haben, war zumindest kein sichtares Eis verrutscht – das war wohl irgendwo unter der Oberfläche. Der Rückweg war mit den angetrockneten Steinen weitaus angenehmer als der Hinweg und ging somit auch recht schnell vorbei.

Für uns ging es dann direkt weiter Richtung Alta, unterwegs waren wir noch in einem Supermarkt einkaufen, der größenmäßig eher dem „Buurelade“ ähnelt, aber fast alles hatte, was wir gebraucht haben – und endlich mal etwas weniger eingeschweißtes Gemüse, die Plastikverpackungen in Norwegen sind wirklich der Horror für ein sonst so recht fortschrittliches Land. In Alta angekommen wurde dann der Rest im großen Supermarkt besorgt, bevor wir in die Innenstadt wollten, wo es gute Steinofenpizza geben sollte (scheint fast so als müssten wir aufholen, dass wir die ersten 2 ½ Monate eigentlich nie essen gegangen sind?!). Tja, Altas „Sentrum“ ist einfach ein großer Parkplatz, der von Supermärkten, einer Mall und fünf Restaurants umrundet ist, die anhand des Logos alle dem gleichen Besitzer gehören. Irgendwie schaut das alles eher aus wie eine Modell-Stadt, die sich irgendwer irgendwo im All ausgedacht hat und dann nach Alta gepflanzt hat. Dafür ist die Pizzeria modern und schön eingerichtet und die Pizza wirklich sehr lecker.

Danach haben wir uns ein Plätzchen an der E6 zum Schlafen gesucht – groß andere Optionen gibt es hier nicht mehr. Wir haben aber einen Parkplatz leicht unterhalb der Straße gefunden, der recht ruhig war und direkt an einem Moor lag – die kleine Holzbrücke hat sogar auf den Start einer Spazierroute schließen lassen. Am nächsten Morgen haben wir schnell gemerkt, dass die Brücke lediglich den Weg zum einsamen Haus hinter dem Hügel bewerkstelligt und wir haben gehofft, dass wir nicht auf jemandes Privatparkplatz geschlafen haben?

Unsere Tage fangen zur Zeit eigentlich meistens damit an, eine Gassi-Runde zu suchen, weil das direkt an der E6 eben eher schwierig ist. Leider haben wir nichts mehr wirklich bis zum Nordkap gefunden, ohne dass wir einen ewigen Umweg hätten fahren müssen und sind daher einfach losgefahren – früher wäre das unmöglich gewesen mit unausgelastetem Casper auch nur eine Stunde Auto zu fahren, aber mittlerweile schläft er einfach die meiste Zeit durch (hört sich an, als würden wir über ein Baby sprechen), was super entspannt ist. Wir sind durch viele kleine Dörfchen gefahren, den Großteil an der Küste entlang mit wirklich atemberaubenden Ausblicken. Ständig stand irgendwo ein Auto auf der Straße, das mittendrin angehalten hat, um Rentiere zu fotografieren. Die meisten Menschen hier oben scheinen vom Fischen zu leben, jeder hat einen kleinen Fischer-Kahn und die Fischernetze vorm Haus zum Trocknen aufgehängt. Dann sind wir an einem Rastplatz ausgestiegen, wo wir ein paar Trampelpfade gesehen haben. Sind eine Runde laufen gegangen, Casper hat ein Rentiergeweih gefunden (durfte er nicht behalten) und eine Rentier-Familie ist uns etwas zu nahe gekommen, sodass wir umgedreht und weitergefahren sind. In Honningsvåg haben wir nochmal Vorräte aufgestockt, weil wir nicht wussten, wie lange wir in der Nordkap-Umgebung bleiben wollen und Honningsvåg die letzte Stadt mit Einkaufsmöglichkeiten vor dem Nordkap ist. Daher ist es auch Anlaufhafen für die Kreuzfahrtschiffe, aber gesehen haben wir keins. Und dann sind wir auch noch das letzte Stück gefahren, bis die Straße aufgehört hat. Wir sind auf dem riesigen Schotterplatz angekommen, diverse Camper standen schon da – aber tatsächlich kein Reisebus?! Wir haben uns ein Plätzchen gesucht und sind dann natürlich zur berühmten Weltkugel gelaufen – während der erste Reisebus dann doch eingetrudelt ist. Und irgendwie ist es alles gar nicht so spektakulär, wie man sich das vorstellt. Die Strecke zum Fahren war landschaftlich wirklich schön aber hier angekommen ist alles eher trist, die Kugel wird für das obligatorische Foto genutzt, der Visitor Center ist aber eher ein einfaches Backstein-Gebäude und alles drum herum ist einfach Steinfläche. Natürlich ist es verrückt, dass man am nördlichsten Punkt steht, aber hier ist wirklich der Weg durch Norwegen das Ziel, denn der ist unserer Meinung nach weitaus beeindruckender als dieses Fleckchen Erde hier. 🤫

Gegen 23 Uhr sind dann noch vier Reisebusse eingetrudelt und der Parkplatz hat eher dem eines Caravan-Herstellers geglichen, aber wir sind trotzdem auch über Nacht geblieben. In der Nacht wurden wir ordentlich durchgeschüttelt, Winde von bis zu 50 km/h haben uns am nächsten Morgen wortwörtlich durch die Gegend geweht und somit ist auch die Wanderungen zum „wahren“ Nordkap ins Wasser gefallen, die wir eigentlich noch in Angriff nehmen wollten. Daher haben wir uns auf den Rückweg gemacht – natürlich die gleiche Strecke, hier gibt es keine andere Straße. Und all die Parkplätze, die wir als potenzielle Schlafplätze für weitere Tage hier oben auserkoren hatten, wirkten bei dem Wind recht unattraktiv und wurden daher ignoriert. Wir sind an so vielen Fahrradfahrern und Wanderern vorbei gefahren, die da draußen dem Wind getrotzt haben und sich zum Nordkap gekämpft haben, dass wir einfach nur beeindruckt waren und ich hoffe sehr, dass sie sich beim Anblick des Nordkaps aus vollem Herzen gefreut haben.

Für uns ging es schlussendlich nach Lakselv auf einen Campingplatz, um Wäsche zu waschen. Zudem haben wir hier den Plan verworfen, weiter nach Vardø zu fahren. Es wurde einfach zu mühsam hier oben etwas anderes zu finden als Straßen, die einen von A nach B bringen, mit Hund einfach nicht die Art zur reisen, die gerade zu uns passt. Und es wären immer noch 350 km bis dorthin gewesen – hin und zurück die gleiche Straße versteht sich. Für die nächsten zwei Nächte geht es daher in den Stabbursdalen Nationalpark – Tag 1 hat Casper unglaublich viel Stress beschert, da wir beim Spazieren auf zwei Rentierherden getroffen sind, die sich dann am Abend auch noch erdreistet haben, 150 m von unserem Auto entfernt vorbeizulaufen. An Tag 2 sind wir zum Stabbursfossen gewandert, eine Wanderung mit (endlich mal wieder) wenig Höhenmetern. Auf dem Weg haben wir ein riesiges Feld mit unzähligen Heidelbeeren passiert, wovon auch einige in unsere Taschen gewandert sind. Ursprünglich hatten wir überlegt am dritten Tag zum Stuorra Biŋalvárri zu laufen, die zweite mögliche Wanderung hier im Nationalpark, aber da die ersten 5 km exakt gleich sind, wie die zum Stabbursfossen haben wir uns dann doch dagegen entschieden. Neele hat als Morgenrunde daher die dritte mögliche „Wanderung“ gemacht, die geschlagene 1 km zu einem Picknick-Platz und wieder zurückführt. Somit haben wir 85% des ganzen Nationalparks abgehakt. Natürlich absoluter Quatsch, der eigentliche Nationalpark erstreckt sich über eine riesige Fläche – für „Standard-Touristen“ erschlossen sind aber tatsächlich nur die drei markierten Wanderungen, alles darüber hinaus muss man auf eigene Faust erkunden. Dennoch haben wir eine letzte Tour in der Gegend von Lakselv gemacht und sind hoch zum Rappasfossen gelaufen, ehe wir unsere Reise auf der E6 Richtung Kirkenes fortgesetzt haben.

Die Straße führt mitten durch ein Militärgebiet, das sich über mehrere km2 erstreckt – anhalten und/oder Fotos machen strengstens verboten, sobald man die Straße verlässt, befindet man sich quasi in der Gefahrenzone – irgendwie ein komisches Gefühl. Daher sind wir einfach schnurstracks weiter bis nach Karasjok gefahren und sind dort auf die 92 Richtung Kirkenes abgebogen. Übernachtet haben wir nur ein Stück außerhalb von Karasjok auf einem Rastplatz, der tatsächlich Startpunkt für eine Wanderroute ist – somit konnte Marvin am nächsten Tag arbeiten und Neele direkt mit Casper eine schöne große Runde laufen gehen. Der Weg führt eigentlich vorbei an Ruinen von vermutlich ehemaligem Sami-Häusern aus dem 16. Jahrhundert – der Weg war zwar schön aber die Ruinen irgendwie nicht mit bloßem Auge ersichtlich. Und ansonsten gab es hier im Gebiet auch eigentlich nichts anderes mehr. Diverse Ski-Doo Routen führen hier durch die Wälder, die einen schneller von A nach B bringen als die Straßen, denn das ganze Gebiet ist den Großteil des Jahres eigentlich schneebedeckt (September-April). Hier und da gibt es kleine Weiler, zweckmäßige Zusammenschlüsse einiger Häuser, die aber kein Dorf sind. Einige Husky-Farmen und ansonsten endlose Weite. Große Teile der Landschaft waren mit weitläufigen Zäunen abgesperrt, vielleicht genutzt von Samis für ihre Rentierherden? Dann dachten wir, wir hätten noch eine geeignete Strecke für den Mittags-Spaziergang gefunden – der Einstieg ging über einen aufgerollten Zaun, in dem ein abgerissenes Rentierbein gehangen ist und ein Weg, der nach 800 m im Moor geendet ist. Wir haben das als Wink genommen, einfach weiterzufahren und sind dadurch auf einem wirklich schönen Platz kurz vor dem Alta Canyon gelandet. Hier standen wir direkt neben dem Fluss Altaelv, viele der motorisierten Holz-Boote, die den langen Fluss entlang bis hin zum Canyon fahren, lagen hier vor Ort und die Besitzer haben hier geparkt. Dennoch war es herrlich ruhig, in der Nacht kam mal ein Boot zurück, aber ansonten war nichts los. Am nächsten Tag sind wir dann zum oberen Wanderparkplatz des Alta Canyons gefahren – die Fahrt eine Tortur, die vermutlich schlechteste Schotterpiste, die wir bisher gefahren sind, aber dafür haben wir uns den Weg zu Fuß gespart, worüber wir später extrem dankbar sein sollten. Die Wanderung hat eigentlich damit bestochen, dass wir verhältnismäßig wenige Höhenmeter machen mussten, allerdings hat uns vom ersten Schritt an 45 km/h Wind um die Ohren gepfiffen. Der gesamte Weg führt über eine Hochebene, der Weg immer gut sichtbar und gut präpariert. Zum Ausblick durch den Canyon mussten wir dann ein paar Höhenmeter runter und wurden mit einem wirklich schönen Ausblick belohnt und konnten endlich ein paar Minuten windstille genießen.

Zurück auf der Hochebene haben wir uns ein einigermaßen windstilles Plätzchen zum Vespern gesucht, bevor es zurück ging. Ich glaube keine Wanderung hatte uns bisher so viel Kraft gekostet, 12 km Strecke waren jetzt nicht unglaublich lang und die Höhenmeter waren wirklich nichts im Vergleich zu vorherigen Wanderungen, aber der Wind hat uns alle Kraft geraubt und dennoch wäre es ohne Wind viel zu heiß gewesen. Total fertig sind wir zurück am Auto angekommen und waren gottfroh, dass wir uns die Straße mit dem Auto hochgekämpft haben und jetzt einfach geschwind zurück zum Übernachtungsplatz zurück fahren konnten.

Am nächsten Morgen haben wir in vollen Zügen das wärmste Wetter genossen, was wir bisher in Norwegen hatten. Bei 26 Grad haben wir unser Frühstück unter den Kiefern gegessen, bevor am Nachmittag heftiger Regen einbrechen sollte. Gegen 12 Uhr haben wir zusammen gepackt und sind zurück nach Alta. Hier waren wir oberhalb des modernsten Wohngebietes noch eine Runde laufen und sind rechtzeitig zum Regeneinbruch zurück zum Auto gekommen. Wir haben das bescheidene Wetter genutzt um nochmal Altas „Sentrum“ zu besuchen, da wir zwei, drei Sachen aus der Mall wollten. Für uns soll es dann langsam weiter Richtung Tromsø gehen, daher hieß es nach dem Shopping-Stop zurück auf die E6 Richtung Süden.

Nach einer ruhigen Nacht mit Blick auf eine der vielen Fisch-Farmen hier im Norden haben wir eine kleine Wanderung bei Sørstraumen angesteuert – heute nur was Kleines dachten wir uns. Wir sind eine kleine Schlucht direkt am rauschenden Bach entlang gelaufen, bis wir nach einer waghalsigen Brücken-Überquerung oben kurz vor einem Moorgebiet rausgekommen sind. Links und rechts erstrecken sich noch weiter die Berge, das Tal reicht gefühlt endlos weit nach hinten und wird vom Fluß durchzogen, für uns kam die Sonne dann noch raus – ein wirklich schöner Anblick. Marvin hat die Drohne ausgepackt, Neele ist Beeren sammeln gegangen und Casper, ja Casper hat irgendwie seine Leine vom Baumstamm gelöst und ist seiner Nase nach gegangen und dann war er weg. Marvin hat ihn nur noch von weitem weglaufen und irgendwo links im Wäldchen verschwinden sehen, das war’s. Ein Angler den Marvin gefragt hat, meinte nur „achja, der ist vorhin mal da hinter gerannt“ und auf die Aussage, dass die Rentiere, die hinten auf dem Feld standen, recht ruhig gewirkt haben, entgegnete er nur „ach, die sind Hunde gewohnt, die lassen sich davon nicht stressen“. Anfangs haben wir noch versucht ihn irgendwie zu sichten – das ist das zweite Mal, dass er uns weggelaufen ist, seit wir ihn haben. Damals noch zuhause, wo wir auch schon keine Chance hatten ihn eigenständig wieder zu finden. Zwar war das Gebiet hier weniger bewachsen, aber einige Bäume gab es dennoch und wir konnten logischerweise auch sehen, dass hier kilometerweit nichts als Wildnis ist, no chance den Hund irgendwie verfolgen zu können. Daher haben wir uns dort wieder getroffen, wo er abgehauen ist (hatten vorher nur telefoniert – Marvin mit 10 % Akku). Haben schon angefangen zu überlegen, wie wir weiter vorgehen sollten, was wir jetzt wohl machen müssen, wem wir Bescheid geben müssen, etc. Überraschenderweise haben wir ihm sogar das Geschirr mit Tasso-Marke angezogen, aber in unseren Köpfen gab es bereits folgende Szenarien: entweder lebt der jetzt irgendwo in der ewigen Natur, bleibt mit der Schleppleine hängen, wird von Jägern erschossen oder vom Rentier aufgespießt – das Stichwort: Rentier. 15 m vor uns ist eine Mama mit ihrem Jungen vor irgendetwas weggelaufen, wir haben uns aufgeteilt, Neele in die Richtung, in die die Rentiere verschwunden sind, in der Hoffnung, dass auch Casper sie verfolgt und unsere Wege sich kreuzen würden. Marvin ist auf die andere Seite auf eine Anhöhe gegangen, um zu gucken, ob Casper der Jäger war. Und dann ruft Marvin an „ich sehe ihn, er ist ganz in deiner Nähe“, kaum zu glauben, aber Casper wollte wohl gerade zurückkommen, als die beiden Rentiere seinen Weg gekreuzt haben. Dann hat er aber doch umgedreht und ist mit den Rentieren mitgerannt und war wieder außer Reichweite aber noch im Blickfeld (was hier recht weit war). Und tatsächlich hat er seine Jagd dann doch aufgegeben und den Weg zurück zu uns gesucht. Neele war zu weit oben im Wald und hat daher außer durch Marvins Anrufe nichts mitbekommen, hat zwar versucht ungefähr in Caspers geschätzte Richtung zu laufen, was ohne Sichtkontakt aber etwas schwierig war. Casper hat Marvin aber auf der anderen Seite des Flusses entdeckt – tatsächlich wollte er dann zu ihm, aber nasse Füße mussten ja auch nicht sein. Daher ist er einfach zurück zum Rucksack getrottet und hat sich dort mit Marvin getroffen. Tja, überlegt euch das bitte gründlich, wenn ihr euch einen Streuner anschaffen wollt – unserem würde ich manchmal gerne den Hals umdrehen und dennoch war ich irgendwie geschmeichelt, dass er von allein wieder zu uns zurückgekommen ist, sich somit gegen endlose Freiheit und für uns entschieden hat. Und dankbar, dass wir nicht irgendwann tausende Kilometer zurückfahren müssen, weil doch irgendwer ihn beim Töten einer Schafsherde aufgegabelt hat. Entschuldigt den Zynismus, bitte nicht zu ernst nehmen 😉

Als nachträgliche Nervennahrung gab es überteuerten Cider und Nüsse im nächsten Matkroken und wir haben uns auf den Weg Richtung Storslett gemacht. Hier standen wir neben der E6, abgeschirmt durch einen großen Felsen mit unglaublichem Blick auf Fjord und Gletscher.

Am nächsten Tag musste Marvin arbeiten, Neele ist eine Runde laufen gegangen und am Nachmittag haben wir das zweite von zwei Cafés in Storslett besucht– die Hyggeligkeit definitiv höher als vom ersten Café, eine supernette Bedienung, lecker Sandwich und Kuchen und auch noch vor Ort gerösteter Kaffee. Dazu noch das beste WLAN das wir bisher irgendwo gefunden haben – Kaffekiin ist daher eine echte Empfehlung, sollte es euch mal in das kleine Städtchen Storslett verschlagen.

Nach dem netten Nachmittagsstopp haben wir einen Schlafplatz für die Nacht angesteuert, der Weg endete aber abrupt an einer unergründlich tiefen Pfütze gepaart mit dem Geruch von Lebertran der naheliegenden Fabrik – wir sind umgekehrt um und haben erneut ein Plätzchen direkt neben der E6 aber 10 m im Wald versteckt gefunden. Am nächsten Morgen ging es für uns dann auf die Fähre von Olderdalen nach Lyngseidet, wo wir noch schnell einkaufen mussten. In Svensby ging es eine Runde laufen und Beeren sammeln, bevor am nächsten Tag die nächste Fähre ruft.

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